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Antibabypille als Lebensretter

Was für eine gute Nachricht: „Frauenärzte leisten Krebsvorbeugung mit der ‚Pille‘, frohlockt die Pressemitteilung von GenoGyn1 gleich in der Überschrift. Bei all den Horrormeldungen sollte das bei den Journalistinnen und Journalisten mächtig viel Freude auslösen. Da lässt sich für Print, Funk oder TV endlich mal ein netter Beitrag basteln. Und dann noch diese überzeugende Subline – keiner spricht mehr von Unterüberschrift… „Orale Kontrazeptiva retten jährlich 50.000 Frauen das Leben.“1

Das zu erfahren, ist im tristen Winterhalbjahr für viele Mädchen- und Frauenseelen Labsal pur. Nun weiß das schwache Geschlecht definitiv, warum es die Verhütung nicht dem starken Partner aufbürden sollte: Mit der Antibabypille schlägt frau zwei Fliegen mit einer Klappe – Schwangerschaft verhüten und dem Krebs vorbeugen. Vor allem: Diese Pressemitteilung ist überfällig. Sie macht der Journaille endlich klar, dass ihre Berichterstattung über die Antibabypille einseitig ist und sich viel zu häufig „auf die unerwünschten Nebenwirkungen konzentriert“1. Genau das will GenoGyn ändern. Diese ärztliche Genossenschaft setzt auf „das große Präventionspotential in der frauenärztlichen Versorgung“1 und sorgt en passant dafür, dass ihre Genossen und Genossinnen den Jaguar2 billiger fahren und bei italienischen Möbeln3 von einem Rabatt profitieren können. In fachlichen Dingen arbeitet GenoGyn übrigens nicht mit der Automobilindustrie und Designern zusammen, sondern mit der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Anti-Aging Medizin e.V. (GSAAM). Bravo! Denn dem Älterwerden vorzubeugen, wo es nur geht, ist doch toll. Und irgendwie müssen Frauenärztinnen oder ihre Kollegen ja ein Auskommen haben – wo das weibliche Geschlecht immer weniger Kinder kriegt und dann in den Wechseljahren auch noch die Hormoneinnahme verweigert. Aber vorbeugen lässt sich immer!

Drum passt es prima zusammen, dass die rundum erfreuliche GenoGyn-Pressemitteilung kein Hirngespinst ist, sondern auf einem Beitrag des Präsidenten der GSAAM beruht. Nicht aus „Bild der Frau“ oder so, sondern publiziert in einer frauenärztlichen Zeitschrift.4

Stört es da wen, dass der Text nicht nur beim Thema Krebsvorbeugung argumentativ, naja, eiert. Mal heißt es, der Schutzeffekt werde „kontrovers diskutiert“, mal dass der Effekt „Gegenstand zahlreicher Studien“ ist, oder wir lesen „ein prophylaktischer Einsatz wird diskutiert“. Wollen wir mit der Kapazität in Sachen Prävention hadern, weil sie nur nebenbei erwähnt, dass Brustkrebs durch die Pille eher zu- als abnimmt? Oder weil sie mal von hiesigen Verhältnissen spricht: „Rund 6 Millionen Frauen verhüten in Deutschland mit der Antibabypille.“ , während später die Rede von weltweit 50.000 Frauen ist, bei denen sich durch die Hormonpille Krebs angeblich verhindern lässt. Klar, steht doch da: weltweit!

Niemand möge sich bitte echauffieren, weil der GSAAM-Präsident in seinem Fachartikel dazu schweigt, dass gesunde Frauen durch ein Blutgerinnsel an Herzinfarkt und Schlaganfall sterben können – als Folge bestimmter Hormone in Antibabypillen. Denn warum sollte in einem Artikel, der als Fortbildung daherkommt, gleich alles verraten werden. Und die Journaille kann das ja selbst recherchieren.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 01/2014 / S.18