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© Jakob Frey-Schaaber

Angina pectoris: Symptom erkannt, Gefahr gebannt

Herzkranzgefäße, die verengt und verkalkt sind, verursachen typische Symptome. Die Probleme beginnen meist bei körperlicher Belastung: beim Laufen, Treppensteigen, Radfahren – vor allem in kalter Luft (Schnee schaufeln!).

Da ist ein Schmerz, als ob ein Reifen die Brust einengt. Dieses Druck- und Schmerzgefühl ist meist in der linken Brustseite am stärksten und strahlt in den Hals, in den linken Arm und den Rücken, aber auch in die Bauchregion aus (siehe Abbildung). In Ruhe lässt das unangenehme Gefühl sofort nach. Belastungsabhängige Beschwerden werden oft von kranken Herzkranzgefäßen ausgelöst.

Dagegen rühren Schmerzen beim kräftigen Ein- und Ausatmen vom Rippenfell her. Brustschmerzen, die durch Bewegungen entstehen, stammen in der Regel von der Wirbelsäule. Auch Nieren- und Gallensteine können Schmerzen im Brustkorb verursachen. Manchmal wird eine Angina pectoris sogar mit Beschwerden durch eine Magen- oder Darmkrankheit verwechselt.

Nur die „echten“ Herzschmerzen hängen von körperlicher Belastung ab. Sie beruhen auf einer gestörten Durchblutung der Herzkranzgefäße. Wie ein Kranz (lat. Corona) umgeben sie das Herz, und die Kranzadern (Koronararterien) liefern ihm den Sauerstoff, den es für die unterschiedlichen Belastungen braucht.

Wenn diese Kranzadern durch Fetteinlagerungen oder Kalk an einzelnen Stellen verengt sind, kommt es zu Sauerstoffmangel und Schmerz, und zwar in dem Bereich des Herzmuskels, der von dieser Ader versorgt wird. Man spricht dann von einer koronaren Herzkrankheit. Ist die Ader nur verengt (Stenose), schmerzt der Muskel allein bei Belastung. In Ruhe reicht die Sauerstoffversorgung aus. Bei völligem Verschluss einer Kranzader entsteht ein heftiger Dauerschmerz: Herzinfarkt!

Was tun?

Nach Beginn der Symptome können sich die Beschwerden in der ersten halben Stunde unterschiedlich entwickeln.

Von stabiler Angina pectoris spricht man, wenn es bei einem Menschen, der von seiner koronaren Herzkrankheit weiß, zu belastungsabhängigen Brustschmerzen kommt und diese durch Ruhe rasch wieder verschwinden. Häufig haben die Patienten mit ihrem Arzt oder der Ärztin Einzelheiten besprochen und für diese Situationen ein Medikament erhalten: Nitro-Kapseln oder Nitro-Spray erweitern die Kranzgefäße und vermindern die Herzarbeit. Es ist kein Notfall.

Instabile Angina pectoris

So funktioniert ein Ballonkatheter: Der Arzt schiebt von einer Armarterie aus einen dünnen Schlauch in die Kranzader
des Herzens. Wird eine verengte Stelle gefunden, wird der Ballon an der Spitze des Katheters aufgeblasen und damit die Engstelle geweitet. Dann wird der Ballon abgelassen und der Katheter wieder zurückgezogen.

Um eine instabile Angina pectoris handelt es sich, wenn sie zum ersten Mal auftritt, der Anfall sogar ohne Belastung kommt oder heftiger ist als zuvor oder länger anhält. Sie ist von einem beginnenden Herzinfarkt nicht sicher zu unterscheiden. Es könnten Herzrhythmusstörungen drohen oder andere Komplikationen. Daher muss der Rettungsdienst (Tel. 112) gerufen werden – zum raschen Transport in ein geeignetes Krankenhaus (GPSP 1/2012, S. 12). Dort wird mit Elektrokardiogramm, Blutuntersuchungen, Ultraschall und anderen Methoden geprüft, ob es sich um einen Herzinfarkt handelt. In der Regel wird sogar rasch mit einem Herzkatheter endgültig geklärt, ob eine Kranzader stark verengt oder verschlossen ist. Dazu schiebt der Arzt einen dünnen Schlauch meist über die Schlagader am Arm ins Herz und die Kranzadern. Wenn eine enge Stelle (Stenose) oder ein Verschluss gefunden wird, kann gleich mit einem Ballon die enge Stelle geweitet oder der Verschluss beseitigt werden (siehe Abbildung).

Herzinfarkt

Der Herzinfarkt ist die gefährlichste Form der instabilen Angina pectoris. Die Herzschmerzen sind dann meist sehr heftig, bessern sich nicht durch Nitro-Präparate und sind oft begleitet von Angst, Unruhe, Übelkeit oder sogar Erbrechen. Bei Frauen ist die Symptomatik oft weniger intensiv, was eine Behandlung leider oft verzögert. Das kann schlimme Folgen haben. Die ersten Stunden nach dem Infarkt, die „Golden Hours“, sind nämlich entscheidend: Die Gefahr ist dann am größten und die frühe Behandlung verspricht den größten Erfolg. Vor allem drohen Rhythmusstörungen und Herzstillstand. Mit den elektrischen Behandlungsmöglichkeiten (Stimulation und Defibrillation) im Notarztwagen und in den Intensivstationen sind diese Gefahren sofort gebannt. Außerdem können Ärzte im Krankenhaus mit dem Ballonkatheter eine verschlossene Kranzader öffnen und dadurch verhindern, dass der Infarkt große Teile des Herzmuskels schädigt.

Jede Minute zählt – je früher eine instabile Angina pectoris oder der Herzinfarkt gezielt behandelt wird desto besser. Es ist daher falsch und gefährlich, den Hausarzt anzurufen oder den hausärztlichen Notdienst oder gar selbst zum Arzt zu fahren. Das alles kostet Zeit und kann das Leben kosten. Frauen entschließen sich übrigens später, Hilfe anzufordern – auch weil bei ihnen die Beschwerden manchmal weniger typisch sind. Sie kommen daher meist später ins Krankenhaus und die Behandlungsergebnisse sind schlechter.

Bei Schmerzen in der linken Brustseite und Verdacht auf einen Herzinfarkt muss man den Rettungsdienst rufen! Wer sich an diese wichtige Regel hält, rettet Menschenleben. Der Notarzt wird leider zu selten alarmiert. Nur jeder zweite Betroffene mit solchen Symptomen wird mit dem Rettungswagen in ein Krankenhaus eingeliefert.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 02/2013 / S.04