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©Michael Marschall/fotalia

Mit Arzneimitteln auf Reisen

Chronisch krank und gut versorgt

Wer regelmäßig Arzneimittel braucht und eine Fernreise plant, sollte wissen, was zu beachten ist. Zum Beispiel kann es schwierig sein, das gewohnte Arzneimittel an den Urlaubsort mitzunehmen. Eine Zeitverschiebung erschwert es, die Medikamente wie gewohnt korrekt einzunehmen. Wir geben Ihnen praktische Tipps.

Grundsätzlich sollten Sie Ihre Medikamente in ausreichender Menge mitnehmen, damit diese für die gesamte Urlaubszeit und zur Sicherheit noch einige Tage länger ausreichen. Lassen Sie die Präparate in den Originalverpackungen. Dort sind sie am besten vor Klimaeinflüssen geschützt und können nicht verwechselt werden. Auch bei Grenzkon­trollen gibt es dann nicht so leicht Probleme.

Eine ärztliche Bescheinigung in englischer Sprache ist nützlich, wenn Sie beispielsweise Spritzen oder Schmerzmittel aus der Gruppe der Betäubungsmittel mitnehmen müssen. Prüfen Sie, ob für diese im Urlaubsland Einfuhrbeschränkungen gelten beziehungsweise ob der Arzt eine spezielle Bescheinigung für Sie ausstellen muss (weitere Infos siehe Kasten nächste Seite).

Verteilen Sie den Urlaubsbedarf auf Handgepäck und Koffer. Nehmen Sie eine genügende Menge in Ihr Handgepäck, damit Sie nicht nur für die An- oder Abreise versorgt sind, sondern auch noch ein paar Tage danach – falls Ihre Koffer einmal verspätet ankommen. Bei unentbehrlichen Medikamenten – wie z.B. Insulin – sollten Sie den gesamten Bedarf im Handgepäck mitführen. Dazu gehören auch Spritzen oder Pens und Teststreifen.

Andere Länder – andere Namen

Bisweilen kann es schwierig sein, im Urlaubsgebiet Medikamente nachzukaufen. Das Mittel gibt es dort vielleicht gar nicht, oder die gesetzlichen Bestimmungen sind anders. Auch sind Handelsnamen international nicht eindeutig. Sie können von Land zu Land variieren, selbst wenn sie derselbe Hersteller produziert hat. Es kann aber auch vorkommen, dass in verschiedenen Ländern unter gleichem Namen unterschiedliche Wirkstoffe verkauft werden. So enthält Cloderm® in Deutschland das Antipilzmittel Clotrimazol, in den USA das gleichnamige Präparat jedoch ein Kortikoid.1 Bewahren Sie die Beipackzettel (oder Kopien) getrennt von den Medikamenten auf, damit Sie bei Verlust der Arzneimittel genau über deren Zusammensetzung Bescheid wissen.

australien
Foto: Jörg Schaaber

Probleme durch Zeitumstellung?

Fernreisen in Nord- oder Südrichtung (beispielsweise nach Südafrika) bringen eine medikamentöse Therapie nicht durcheinander. Die Ortszeit am Reiseziel unterscheidet sich nicht oder nicht wesentlich von der mitteleuropäischen Zeit. Anders ist es bei Langstreckenreisen in östlicher Richtung (der Tag wird während des Fluges kürzer) oder nach Westen (der Tag wird während des Fluges länger). Die meisten Arzneimittel (z.B. Rheumamittel oder Blutfettsenker) können Sie dennoch wie üblich zu den gewohnten Uhrzeiten – nach Ortszeit – einnehmen. Bei bestimmten Arzneimittelgruppen wie Verhütungsmitteln, Arzneimittel für Blutzuckerkranke oder gegen Epilepsie sollten Sie sich im Zweifel vom behandelnden Arzt beraten lassen.

Verhütungsmittel

Fernreisen über mehrere Zeitzonen können die Verhütung mit der „Pille” durcheinander bringen. Besonders die so genannte „Minipille”, die nur ein niedrig dosiertes Gestagen enthält, muss in regelmäßigen Abständen eingenommen werden, damit sie zuverlässig wirkt. Der empfängnisverhütende Effekt schwindet, wenn bei einem Flug in westlicher Richtung der Tag länger wird und zwischen den Einnahmen mehr als 27 Stunden liegen. Bisweilen wird empfohlen, eine zweite Uhr mitzunehmen, die auf die Heimatzeit eingestellt bleibt und nach der die „Pille” während der Reise eingenommen wird. Alternativ können Sie bei einer Zeitverschiebung von mehr als drei Stunden nach 12 Stunden eine weitere Minipille einnehmen und dann wieder zur gewohnten Stunde nach Ortszeit. Grundsätzlich gilt für die „Minipille”: Das Intervall zwischen zwei Einnahmen kann ausnahmsweise verkürzt, aber nicht um mehr als drei Stunden verlängert werden.

Die üblichen „Pillen”, die Östrogen und ein Gestagen enthalten, können Sie auch mal um bis zu 12 Stunden verschoben einnehmen, ohne dass Versager zu erwarten sind. Solche Hormonpräparate können – wenn auch selten – tiefe Venenthrombosen auslösen. Das Risiko steigt auf Langzeitflügen, wenn Sie stundenlang auf engem Raum sitzen. Verschaffen Sie sich also während längerer Flüge zwischendurch Bewegung und sorgen Sie für genügende Flüssigkeitsaufnahme. Denn dadurch wird verhindert, dass das Blut durch Flüssigkeitsmangel eindickt. Meiden Sie aber alkoholische Getränke. Kompressionsstrümpfe, die bis zum Knie reichen, wirken ebenfalls vorbeugend. Auch Frauen, die keine „Pille” einnehmen, und Männer tun sich damit Gutes.

Diabetes mellitus

Insulin muss üblicherweise im Kühlschrank aufbewahrt werden. In der Regel sind Fluglinien jedoch nicht bereit, Arzneimittel der Passagiere in den Kühlschränken der Flugzeuge aufzubewahren. Dies ist jedoch nicht weiter tragisch, da die heutigen Insuline Monate stabil bleiben, selbst wenn die Kühlkette zwischendurch einmal für wenige Tage unterbrochen worden ist.2 Einfrieren zerstört jedoch das Insulin.3

Allerdings kann die Dosierung von Insulinen bei längeren Reisen über mehrere Zeitzonen Schwierigkeiten bereiten. Wer sich nicht sicher ist, wie die Dosierung des Insulins dem Bedarf angepasst wird, sollte sich vor Reiseantritt vom Arzt beraten lassen. Ist Ihr Blutzucker derzeit schlecht eingestellt, sollten Sie – zu Ihrer eigenen Sicherheit – die Reise besser erst später antreten.

Verschiebt sich die Zeit durch den Flug um weniger als vier Stunden, ist eine Anpassung der Insulindosis nicht zwangsläufig erforderlich. Spritzen Sie bei einem Flug nach Osten über mehr als sechs Zeitzonen morgens am Reiseziel nur 2/3 der üblichen Insulindosis (Mischinsulin), um Unterzuckerung zu vermeiden. Erfolgen üblicherweise zwei Insulingaben am Tag, sollten Sie vor der zweiten Gabe den Blutzuckerspiegel überprüfen und gegebenenfalls die Insulindosis anpassen. Bei einem Flug nach Westen über mehr als sechs Zeitzonen spritzen Sie morgens am Reiseziel die volle Morgendosis und kon­trollieren anschließend den Zuckerwert. Reisende mit intensivierter Einstellung können ihre Insulindosis individuell anpassen. 3

Wird Ihr Blutzucker mit Tabletten behandelt wie Glibenclamid oder Glimepirid, können Sie diese wie gewohnt nach Ortszeit einnehmen.2

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 04/2006 / S.01