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Wiederverwendung von OP-Einmalbestecken

Aus Einweg wird Mehrweg

Riskantes OP-Besteck?

In Deutschland ist erlaubt, was beispielsweise in Frankreich und Österreich verboten ist: Es dürfen medizinische High-Tech-Instrumente nach dem Gebrauch aufbereitet und wieder verwendet werden, selbst wenn sie vom Hersteller als Einwegprodukte deklariert sind.1 Hierzu gehören z.B. Schneidegeräte, die mit Ultraschall arbeiten, sowie Katheter oder Trokare, mit denen bei der
„Schlüssellochchirurgie“ die Bauchdecke eröffnet wird.

Es gibt eine ganze Palette von Problemen2 bei dieser vom Hersteller nicht vorgesehenen Aufbereitung. So monierten Sachverständige nach der Untersuchung von Stichproben

  • Eiweißreste vom vorherigen Patienten am Gerät, mit dem Bandscheibengewebe entnommen wird,
  • Knicke bei Kathetern oder Auffaserungen an deren Spitze,
  • Kratzer auf Ultraschall-Schneidegeräten, mit denen Blutgefäße durchtrennt und zugleich verschlossen werden,
  • unkalkulierbare Funktionseinbußen, weil Geräte auseinandergenommen und wieder zusammengesetzt wurden, obwohl sie dafür nicht geeignet sind.

Der Vorsitzende des Bundesverbands der Sachverständigen für Medizinprodukte Hans Haindl sprach in diesem Zusammenhang von
einem „Großversuch an Menschen, den keine Ethikkommission beurteilt hat, über den Patienten nicht informiert werden und dessen Ergebnisse offenbar niemanden interessieren.“3

Die Anforderungen an die Aufbereitung sind vom Robert-Koch-Institut und vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zwar festgelegt worden, es handelt sich aber nur um Empfehlungen, sie sind also nicht verpflichtend4.

Wie sicher die wiederaufbereiteten Einmalprodukte wirklich sind und welche Artikel dafür geeignet sind, ist durch gute Vergleichsstudien nicht untersucht. Dass die Wiederaufbereitung inzwischen von großen Firmen übernommen wird, ändert nichts an der Problematik, und wird ein Patient geschädigt, ist die Haftungsfrage kompliziert.

In den USA, wo die Wiederverwendung ebenfalls erlaubt ist, haftet die aufbereitende Firma, die das Gerät erneut in Verkehr bringt. Sie muss daher ihren Namen kenntlich machen. Hierzulande werden wiederaufbereitete Medizinprodukte – rein formal – nicht erneut in Verkehr gebracht, sofern sie vom Erstverwender (also zum Beispiel derselben Klinik) ein zweites Mal eingesetzt werden.

Im Fall einer Schädigung sind Auseinandersetzungen zwischen den Parteien kompliziert und langwierig, selbst wenn die Haftung zwischen Aufbereiter und Verwender des Medizinprodukts geregelt ist. Fazit: Sie haben das Recht, sich vor einer Operation zu erkundigen, ob wiederaufbereitete Einmalprodukte verwendet werden und ob dies nach den behördlichen Richtlinien erfolgt.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 04/2007 / S.09