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Antibiotika bei Erkältung?

Der Anbieter Repha bewirbt Angocin® Anti-Infekt N als „pflanzliches Antibiotikum“ und mit dem Slogan „geballte Pflanzenpower gegen Erkältungen“.1 Das Produkt enthält Kapuzinerkresse und Meerrettich. Erkältungen werden meist von Viren ausgelöst, nicht von Bakterien, wie der Anbieter selbst schreibt.2 Dass Ärzte trotzdem oft Antibiotika verordnen, wird zu Recht allseits kritisiert. Wenn Repha sein „pflanzliches Antibiotikum“ als „sanft “ und ohne Resistenzbildung anpreist, wird das zum Purzelbaum. Sollen etwa Erkältungen wieder mit Antibiotika bekämpft werden – nun eben mit pflanzlichen?

Werbung des Anbieters Repha für das pflanzliche Arzneimittel Angocin® Anti-Infekt N
Abbildung: Webseite www.pflanzliche-antibiotika.de (Abruf 11.7.2014)
  • Arzneipflanze des Jahres 2013: Die Nominierung von Kapuzinerkresse hat Prof. Dr. Uwe Frank vorgeschlagen. Er schreibt für die Internetseite von Repha, dem Anbieter von Angocin®.3
  • Medizin der Mönche: Eine medizinische Tradition ist noch kein Qualitätsmerkmal.
  • Erkältungen vorbeugen? Angocin® ist gar nicht zur Vorbeugung von Erkältungskrankheiten zugelassen, sondern nur zur Behandlung.4
  • Vitamin C hilft nur sehr wenigen: Wenn Vitamin C gegen Erkältung nichts taugt, spricht das noch nicht für Angocin®.
  • Wie wirken Senföle? Wenn Senföle im Reagenzglas Bakterien, Viren und Pilze abtöten, garantiert das noch keinen Nutzen für Menschen.

Das Mittel gibt es seit mehr als 50 Jahren. Doch Angocin® Anti-Infekt N ist nur noch „zur Besserung der Beschwerden bei akuten entzündlichen Erkrankungen der Bronchien, Nebenhöhlen und ableitenden Harnwege“ zugelassen.4 Also nicht allgemein bei Erkältungen. Senföle aus Meerrettichwurzel und Kapuzinerkresse können im Labor das Wachstum von Bakterienhemmen.5,6 Ob erkältete Menschen profitieren, ist nicht überzeugend belegt.7,8 Obwohl das Präparat nicht zur Vorbeugung zugelassen ist, behauptet der Anbieter: „In den Erkältungsmonaten kann die regelmäßige vorbeugende Zufuhr – trotz einer vom Hersteller gesponserten Studie 9 – nicht zur Wirkung gegen Viren: „Zur Verifizierung der Befunde und zur Klärung der klinischen Relevanz beim Menschen sind weitere Untersuchungen notwendig.“ 4 Trotz der dünnen Datenlage hat sich der Umsatz des stark beworbenen Mittels von 2005 bis 2011 mehr als verdreifacht.10 Die vom Hersteller empfohlene Vorbeugung 1 kostet fast 60 € pro Monat.11

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 05/2014 / S.28