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Asthmamittel Salmeterol

Offene Fragen zur Sicherheit

Bekommen Asthmakranke keine Luft mehr, sind kurzwirksame Asthmasprays die erhoffte Rettung. Sie erweitern rasch die Luftwege und das Atmen wird leichter. Zur Vorbeugung häufiger Asthmaanfälle verwendet man unter anderem Wirkstoffe mit langer Wirkdauer, wie Salmeterol (z.B. in Aeromax®, Serevent®). Es besteht jedoch der Verdacht, dass deren Anwendung gefährlich sein kann.

Schon bald nach der Einführung bestanden Bedenken gegen die verbreitete Verwendung von Asthmasprays mit Salmeterol oder verwandten Wirkstoffen. Das hat zwei Gründe: Diese so genannten langwirksamen Katechol­amine helfen zwar vorbeugend gegen Atemnot – also das Symptom des Asthmas –, bekämpfen aber nicht die zugrundeliegende Entzündung in den Atemwegen. Sie müssen daher stets mit entzündungshemmenden Wirkstoffen kombiniert werden. Zur Langzeitbehandlung ist deshalb die regelmäßige Inhalation von Kortisonabkömmlingen wie Budesonid (Pulmicort® u.a.), die die Entzündungsreaktion in den Bronchien dämpfen, wichtiger. Dies wird leider oft nicht befolgt. Problematisch ist zudem, dass Salmeterol – wie auch der Wirkstoff Formoterol (Foradil® u.a.) – lange nachwirkt und sich bei zu häufiger Anwendung im Körper anreichern kann.

Zulassung nur unter Auflagen

Als Salmeterol für den US-Markt zugelassen wurde, machte die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA daher die Auflage, in einer großen Studie nachzuweisen, dass die Risiken von Salmeterol vertretbar sind.a Diese Studie mit etwa 26.000 Patienten wurde 1996 begonnen und Ende September 2002 vorzeitig abgebrochen. Das Ergebnis war zwar deutlich, wurde aber nicht veröffentlicht: Die Zahl asthmabedingter Todesfälle war in der mit Salmeterol behandelten Gruppe dreimal so hoch wie bei der Patientengruppe, die ein Scheinmedikament angewendet hatte (13 von 13.176 Patienten, die 28 Wochen lang behandelt wurden, gegenüber 4 von 13.179 mit Schein­medikament). Seitdem müssen in den USA die Packungen den Warnhinweis tragen, dass Salmeterol zu einem kleinen, aber statistisch gesicherten Anstieg der Asthma-bedingten Todesfälle führt. Der Hersteller GSK argumentiert, dass die Risikoerhöhung nur bei farbigen Amerikanern statistisch gesichert sei. Aber auch unter den anderen Versuchspersonen traten die Todesfälle vermehrt auf.

Erst im Juli 2005 wurden die offenbar nochmals überarbeiteten Studiendaten der Öffentlichkeit zugänglich: Jetzt wurde von 50 Zwischenfällen in der mit Salmeterol behandelten Gruppe und 36 in der mit Scheinmedikament behandelten Gruppe berichtet. Am 8. Oktober 2005 lenkte ein Leserbrief in der medizinischen Fachzeitschrift The Lancet die internationale Aufmerksamkeit auf diese Unterdrückung ungünstiger Studiendaten.

Ähnliche Sicherheitsbedenken gelten für die bereits erwähnten, ebenfalls lang wirksamen Asthmasprays mit Formoterol. In Deutschland berichteten zwar einige Fachzeitschriften über diese Bedenken,b,c die Behörden ordneten hierzulande allerdings keine Warnhinweise an.

Die Anwender von Formoterol bzw. Salmeterol werden in Deutschland immer noch nicht über die besonderen Risiken dieser lang wirksamen Asthmasprays informiert. 2004 wurden 17 Mio. Tagesdosierungen von Salmeterol und 69 Mio. Tagesdosierungen von Formoterol von den gesetzlichen Krankenkassen finanziert.

Was tun?

Die lang wirksamen Asthmasprays mit Formoterol und Salmeterol dürfen nur verwendet werden, wenn gleichzeitig auch regelmäßig Kortikoid-haltige Asthmasprays inhaliert oder andere Entzündungshemmer angewendet werden. In der Kombination lindern sie Asthmabeschwerden besser als ein Kortikoidspray in verdoppelter Dosis. Weitere aussagefähige Sicherheitsstudien sind dringend erforderlich, um zu klären, ob bestimmte Asthma-Patienten von den lang wirksamen Sprays besonders profitieren und welche durch diese Sprays gefährdet sind. Für die kurz wirksamen Sprays vom Typ Salbutamol (Sultanol® u.a.) gelten diese Warnungen nicht. Sie dürfen aber nur bei Asthmaanfällen und nicht zur langfristigen Vorbeugung verwendet werden.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 01/2006 / S.01