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© dominic29/ iStock

Risiken mindern: Wissenswertes zu Diabetes-Mitteln

Einige Arzneimittel gegen Diabetes können zu einer Unterzuckerung führen, manchmal mit gefährlichen Folgen. Die gute Nachricht: Sie können dem gezielt vorbeugen. Wir zeigen, wie es geht und was für den Notfall zu bedenken ist.

Traubenzucker (Glucose) ist ein wesentlicher „Treibstoff“ für unseren Körper, besonders für das Gehirn. Aus diesem Grund ist der Zuckerstoffwechsel in unserem Körper auch besonders fein reguliert. Daran sind vor allem die Hormone Insulin und sein Gegenspieler Glucagon beteiligt: Insulin sorgt dafür, dass Zucker – etwa aus der Nahrung – von den Zellen aufgenommen wird und so der Blutzuckerspiegel sinkt. Bei zu geringen Glucosemengen im Blut regt Glucagon die Leber an, unsere dort gespeicherten Zuckerreserven ins Blut abzugeben: Der Blutzuckerspiegel steigt.

Gestörter Stoffwechsel

Bei gesunden Menschen, die regelmäßig essen, bleibt der Blutzuckerspiegel ziemlich konstant. Anders sieht es bei Zuckerkranken aus: Beim Typ-1-Diabetes produziert die Bauchspeicheldrüse gar kein Insulin mehr.1

Beim Typ-2-Diabetes hingegen wirkt Insulin nicht mehr richtig. Bei dieser Insulinresistenz versucht die Bauchspeicheldrüse zuerst, das zu kompensieren, indem sie mehr Insulin ausschüttet. Das funktioniert aber nur begrenzt, sodass im Laufe der Zeit der Blutzuckerspiegel ansteigt.2 Es kann auch passieren, dass im weiteren Verlauf der Erkrankung die Insulinproduktion ganz versiegt.

Zuckersenkende Medikamente

Menschen mit Typ-1-Diabetes müssen regelmäßig Insulin spritzen. Wenn bei einem Typ-2-Diabetes mehr Bewegung, eine Ernährungsumstellung und Gewichtsabnahme den Blutzucker nicht ausreichend senken, reichen oft Tabletten aus. Sie verringern die im Körper hergestellte Glucosemenge, regen die Produktion von Insulin an oder erhöhen die Ausscheidung von Zucker im Urin. Bei manchen Typ-2 Diabetikern ist aber auch eine Insulinbehandlung notwendig.

Risiko Unterzuckerung

Insulin und bestimmte Diabetes-Tabletten (vor allem Sulfonylharnstoffe wie Glibenclamid oder Glimepirid) bergen aber auch ein besonderes Risiko, das Betroffene kennen müssen: Sie können zu einer Unterzuckerung führen. Bei Sulfonylharnstoffen können die Symptome noch Tage andauern, selbst wenn die Unterzuckerung behandelt wird.3

Symptome erkennen

Betroffene bemerken eine Unterzuckerung oft an einem schnellen Puls, Schwitzen und Zittern. Einige fühlen sich nervös, sind unkonzentriert, haben Kopfschmerzen oder Heißhunger. Allerdings können sich diese Anzeichen je nach Person und Lebensstil durchaus unterscheiden. Besonders wenn durch länger bestehenden Diabetes die Nerven geschädigt sind, können die Symptome der Hypoglykämie schlechter wahrgenommen werden. Auch gibt es individuelle Unterschiede, ab welchem Blutzuckerwert diese Anzeichen auftreten.

Zügig behandeln

Eine leichte Unterzuckerung lässt sich meist schnell mit Traubenzucker oder einem zuckerhaltigen Getränk wie Saft oder Limonade  ausgleichen. Achtung – Softdrinks mit Süßstoffen (light) sind für die Behandlung einer Unterzuckerung in der Regel nicht geeignet.

Betroffene sollten schnell reagieren, weil aus einer leichten Unterzuckerung sonst eine schwere werden kann, bei der sie auf fremde Hilfe angewiesen sind: Schwere Unterzuckerungen können zu Bewusstlosigkeit führen – und in seltenen Fällen sogar tödlich enden. Aber auch leichte Unterzuckerungen können gefährlich werden, wenn etwa am Steuer oder beim Bedienen einer Maschine die Konzentration nachlässt.4

Vorbeugende Maßnahmen

Deshalb ist es so wichtig, Unterzuckerungen zu vermeiden. Menschen mit Diabetes haben die anspruchsvolle Aufgabe, in ihrem Tagesablauf nicht nur Medikamente korrekt und zuverlässig einzunehmen, sondern gleichzeitig auch auf ihre Ernährung und Bewegung zu achten. Denn beides beeinflusst den Blutzuckerspiegel. Das heißt, die Medikamente müssen entsprechend dosiert werden.

Konkret: Wer sich Insulin spritzt, braucht weniger Insulin, wenn er oder sie weniger isst, keinen Appetit hat oder bei einem Magen-Darm-Infekt „nichts drin bleibt“. Bei mehr Bewegung, besonders bei intensiver sportlicher Betätigung, sollte die Insulinmenge ebenfalls reduziert werden. Auch wer Glimepirid oder Glibenclamid einnimmt, sollte mit Arzt oder Ärztin besprechen und notieren, was in solchen Situationen zu tun ist, wann zum Beispiel eine Tablette weggelassen werden sollte.4

Aufgepasst bei Alkohol

Was viele nicht wissen: Auch Alkoholgenuss kann das Risiko für eine Unterzuckerung erhöhen. Denn Alkohol vermindert in der Leber die Neubildung und Freisetzung von Zucker, sodass weniger Zucker für eine Gegenregulation zur Verfügung steht. Allerdings heißt das nicht, dass Alkohol tabu ist. Sinnvoll ist es allerdings, Maß zu halten und das Glas Wein oder Bier mit einer kohlenhydrathaltigen Mahlzeit zu kombinieren, die also etwa Brot, Kartoffeln, Reis oder Nudeln enthält.4

Achtung Wechselwirkungen

Oft wird auch nicht beachtet, dass noch weitere Arzneimittel eine Unterzuckerung begünstigen können. Dazu gehören etwa Betablocker, also Mittel, die bei Bluthochdruck oder koronarer Herzkrankheit eingesetzt werden. Bestimmte Wirkstoffe aus dieser Gruppe können die Wirksamkeit von Insulin oder Sulfonylharnstoffen verstärken, sodass leichter Unterzuckerungen entstehen.

Diese Wechselwirkung kann übrigens auch bei Betablockern auftreten, die als Augentropfen beim Grünen Star eingesetzt werden. Deshalb ist es wichtig, alle behandelnden Ärztinnen und Ärzte über eingenommene Medikamente zu informieren – denn dann können sie beispielsweise auf einen Betablocker ausweichen, bei dem diese Wechselwirkung seltener auftritt.

Veränderte Wahrnehmung

Bei allen Betablockern kann es allerdings auch vorkommen, dass manche Anzeichen einer Unterzuckerung kaum oder gar nicht mehr wahrgenommen werden, andere sich verstärken. Wer mit Insulin oder Sulfonylharnstoffen behandelt wird und neu einen Betablocker erhält, sollte also darauf vorbereitet sein und seinen Arzt fragen, worauf er achten muss.

Manche Antibiotika

Einige Antibiotika können ebenfalls eine Unterzuckerung begünstigen, weil sie den Abbau von Sulfonylharnstoffen hemmen. Diese Wechselwirkung kann besonders bei Älteren und bei eingeschränkter Nierenfunktion auftreten. Wenn Arzt oder Ärztin kein anderes Antibiotikum verordnen können, ist es sinnvoll, in den ersten Tagen nach der Einnahme häufiger den Blutzuckerspiegel zu messen. Von bestimmten Blutgerinnungshemmern sind ähnliche Wechselwirkungen bekannt.3

Wer „Zucker“ hat, muss gemeinsam mit Arzt oder Ärztin einiges beachten. Aber dann lässt sich mit Diabetes meist gut und entspannt leben.

Diabetes Typ 2
GPSP
 2/2013, S. 19

Medikamente und Fahrtüchtigkeit
GPSP
 2/2010, S. 3

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 02/2019 / S.16