Nationale Versorgungsleitlinien: Wie geht es weiter?
Offene Fragen zur Zukunft der evidenzbasierten Empfehlungen für Volkskrankheiten
In den Nationalen Versorgungsleitlinien (NVL) finden sich Empfehlungen zur Behandlung wichtiger Volkskrankheiten wie Typ-2-Diabetes, Depression oder Herzschwäche. Begleitende Patientenleitlinien und Kurzinformationen übersetzen die wichtigsten Inhalte in verständliche Sprache. Anerkannt sind die NVL vor allem deshalb, weil bei der Entwicklung die Evidenz eine wichtige Rolle spielt, Interessenkonflikte sorgfältig reguliert werden und neben verschiedenen medizinischen Fachrichtungen auch andere Gesundheitsberufe und Patient:innen beteiligt sind.
Um die NLV hat sich bisher das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) gekümmert. Das ÄZQ wird jedoch Ende 2024 aufgelöst, was in der medizinischen Fachwelt und bei Patientenorganisationen für einen Aufschrei sorgte.1 Damit standen auch die NVL vor dem Aus. Inzwischen ist klar, wie es weitergeht: Künftig soll sich das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung darum kümmern. Das Institut steht der Kassenärztlichen Bundesvereinigung nah, die die Interessen der niedergelassenen Ärzteschaft vertritt.
Es bleiben offene Fragen: Stehen weiter die Belange von Patient:innen im Mittelpunkt oder bekommt die Perspektive der Ärzteschaft durch den neuen Träger ein stärkeres Gewicht? Und bleibt das hohe methodische Niveau der NVL erhalten? Das ist fraglich, weil sich dem Vernehmen nach erfahrene und hochspezialisierte Mitarbeitende des ÄZQ beruflich bereits anders orientiert haben. Diese Expertise zu ersetzen, wird eine große Herausforderung.
Stand: 4. September 2024 – Gute Pillen – Schlechte Pillen 05/2024 / S.03