Kräutertees: Mit krebserregenden Stoffen
Über den Tod eines Neugeborenen, dessen Mutter in der Schwangerschaft täglich eine Beinwellhaltige Kräuterteemischung getrunken hatte, berichtete GPSP schon vor Jahren (4/2009, S. 8). Der Tee stammte aus einer Bestellung im Internet. Jetzt hat das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) Kräutertees aus dem deutschen Einzelhandel genauer untersucht.
Kräutertees gelten als gesund. Das stimmt nicht immer. Schon lange ist bekannt, dass beispielsweise Beinwell (Symphytum officinale und andere Arten), Borretsch (Borago officinale) und Pestwurz (Petasites hybridus und andere Arten) reichlich Pyrrolizidinalkaloide enthalten können. Das sind Stoffe, mit denen sich Pflanzen davor schützen, gefressen zu werden. Im Tierversuch haben sie sich als krebsauslösend erwiesen.
Das BfR hat jetzt in einer orientierenden Reihenuntersuchung 221 handelsübliche Kräutertees und Kräuter auf den Gehalt an Pyrrolizidinalkaloiden überprüft, darunter Brennnessel-, Fenchel-, Kamillen-, Melissen- und Pfefferminztee sowie Kräuterteemischungen.1,2 Der unerwartete Befund der stichprobenartigen Untersuchung alarmiert: Fast alle Tees enthielten Pyrrolizidinalkaloide, einige in bedenklichen Mengen. Das BfR hält es wegen des krebserregenden Potenzials der Alkaloide im Tierversuch für notwendig, die Konzentration dieser Stoffe so weit wie möglich zu senken. Denkbare Maßnahmen sind: Anbieter müssen Teebestandteile vor der Vermarktung genau kontrollieren. Die Lebensmittelüberwachung muss die im Handel angebotenen Tees systematisch prüfen. Wissenschaftler müssen die Ursachen unerwartet hoher Schadstoff-Gehalte erforschen. Diese gehen unter Umständen auf das Konto von Bodenbeschaffenheit und Klima.
Wer Kräutertee nur manchmal oder nur für kurze Zeit trinkt – etwa bis zu 14 Tage – ist nicht gefährdet, sagt das BfR. Hoch belastete Tees könnten jedoch vor allem Kinder, Schwangere und Stillende schaden, wenn sie über einen längeren Zeitraum getrunken werden. Wie riskant ein Tee tatsächlich ist, lässt sich jedoch schwer vorhersagen. Der Gehalt an Pyrrolizidinalkaloiden schwankt nämlich auch innerhalb einer Teesorte von Produkt zu Produkt teilweise beträchtlich.
Auffällig ist, dass manche Teesorten mehr Pyrrolizidinalkaloide enthalten als andere. Fencheltee (einschließlich Babyfencheltee) ist durchschnittlich deutlich geringer belastet als Kamillen- und Melissentee.2
Bislang werden Tees nicht systematisch auf Pyrrolizidinalkaloide geprüft. Und konkrete Angaben zu den einzelnen getesteten Handelsprodukten macht das BfR auf der Basis seiner aktuellen Untersuchung nicht. Verbraucherinnen und Verbraucher können daher die auffällig stark belasteten Tees nicht gezielt meiden. Wichtig ist: Wer bei Nahrung einschließlich Getränken auf Abwechslung und Vielfalt achtet, vermeidet einseitige Belastungen mit potenziell gefährlichen Stoffen.
Stand: 1. Oktober 2013 – Gute Pillen – Schlechte Pillen 05/2013 / S.12