Kopfläuse
Was tun, wenn es krabbelt?
Kopfläuse sind lästig und unangenehm. Wenn Kinder Läuse haben, hilft nur eine konsequente Behandlung. Dafür stehen mehrere Methoden zur Wahl. Keine ist hundertprozentig wirksam und alle haben Vor- und Nachteile. Unsere Übersicht kann Ihnen bei der Auswahl helfen.
Vor allem Kinder bekommen Kopfläuse. Kleine Mädchen haben doppelt so häufig mit den Parasiten zu tun wie Jungen. Die Übertragung erfolgt durch direkten Kontakt: Die Läuse krabbeln von Kopf zu Kopf. Schlafen Kinder gemeinsam in einem Bett, wechseln die Läuse nachts mehrmals zwischen ihren Köpfen hin und her. Das haben Wissenschaftler mit unterschiedlich gefärbten Läusen herausgefunden. Gemeinsam benutzte Haarbürsten, Kopftücher oder Mützen spielen dagegen bei der Übertragung praktisch keine Rolle.1
Gegen Kopfläuse helfen zwei Methoden: mechanisches Entfernen mit einem speziellen Läusekamm und Behandeln der Haare mit einem läusetötenden Mittel (Insektizid). Häufiges Wechseln von Bettwäsche, Handtüchern und Kleidung hilft hingegen ebenso wenig wie das Reinigen von Teppichböden und Polstermöbeln.2
Läusekamm
Läusekämme (auch Nissenkamm genannt) haben besonders eng stehende Zinken. Die nassen Haare müssen mit dem Spezialkamm vier Wochen lang mindestens zweimal pro Woche intensiv Strähne für Strähne durchgekämmt werden. Je länger das Haar ist, desto unangenehmer ist die Prozedur. Die Läusekamm-Methode erscheint wenig zuverlässig, da immer wieder Läuse „entwischen“ und neue Läuse aus Nissen schlüpfen können.4
Läusemittel
Bequemer anzuwenden sind Läusemittel, mit denen das Haar getränkt wird. Manche enthalten ein Läuse-Nervengift, andere verstopfen die Atmungsorgane der Läuse, so dass sie ersticken. Nicht alle Mittel können empfohlen werden.
Läusemittel mit Nervengift
Produkte wie Goldgeist® forte, Infectopedicul® und Jacutin® Pedicul Spray enthalten Pyrethrine oder Pyrethroide. Diese Stoffe schädigen das Nervensystem der Läuse. Die Eier in den Nissen werden durch das Gift jedoch nicht abgetötet. Deshalb muss grundsätzlich nach 8 bis 10 Tagen erneut behandelt werden.
Produkte mit Nervengiften haben an Bedeutung verloren. Das liegt zum einen an den potenziellen Nebenwirkungen: Kribbelempfindungen und allergische Hautreaktionen sowie Haarausfall kommen vor. Gelangt das Mittel versehentlich in die Augen, schmerzt das und kann Bindehautentzündungen auslösen. Zum anderen gibt es manchmal Läuse, die gegen diese Wirkstoffe unempfindlich geworden sind (Resistenzbildung).
Läuse erstickende Mittel
Produkte, die künstlich hergestellte Silikone wie Dimeticon oder Cyclometicon enthalten, verstopfen die Atemöffnungen von Läusen, so dass die Parasiten ersticken. Dass bei dieser Wirkweise Resistenzen entstehen – also Läuse gegen das Mittel unempfindlich werden – ist unwahrscheinlich. Aber: Mittel mit Cyclometicon sind leicht entflammbar.5 Haare, die mit solchen Läusemitteln getränkt sind, dürfen, bis sie vollständig getrocknet sind, nicht geföhnt werden und nicht zu nah an Zündquellen wie Zigaretten, Feuerzeug oder Gasboiler gelangen. Die Sicherheitsvorschriften sind wirklich wichtig: Es sind mehrmals Verbrennungen bei der Behandlung mit EtoPril® bekannt geworden.6
„Erstickungsmittel“ müssen unterschiedlich lange einwirken. Die empfohlene Spanne reicht von zehn Minuten (Jacutin® Pedicul Fluid) bis zu acht Stunden bzw. über Nacht (EtoPril®, NYDA®, Paramitex® lotio). Außer bei EtoPril® empfehlen die Hersteller anschließend die Haare mit einem Läusekamm auszukämmen. Der Hersteller von Paramitex® lotio empfiehlt sogar, die Haare nach der Behandlung viermal mit einem Nissenkamm auszukämmen. Es bleibt dabei offen, wie viel das Präparat selbst oder das Auskämmen zur Wirkung beiträgt.
Manche Hersteller behaupten zudem, dass ihr Produkt den Kitt auflöse, mit dem die Nissen an den Haaren kleben. Das erscheint uns unwahrscheinlich, weil der Kitt chemisch der Haarsubstanz gleicht. Wenn Nissen abgelöst werden, müssten auch die Haare Schaden nehmen.
Insgesamt wirken die Präparate nicht besonders zuverlässig: EtoPril® versagt in einer Studie immerhin bei jedem dritten Anwender.7 Für andere Produkte sind die Daten spärlich oder fehlen ganz.
Produkte auf pflanzlicher Basis
Sie enthalten ätherische Öle, die meist mit anderen Ölen und Substanzen kombiniert sind. Wie und ob ätherische Öle zur Wirkung beitragen, bleibt zu klären. Als pflanzlich bezeichnete Produkte profitieren von einem Vertrauensvorschuss. Denn viele Menschen gehen davon aus, dass sie grundsätzlich weniger Nebenwirkungen haben. Das ist aber nicht immer so. Wie gut verträglich und wie wirksam Läusemittel auf pflanzlicher Basis sind, ist bisher nur schlecht dokumentiert. Pflanzliche Mittel können auch hautreizende chemische Zusatzstoffe enthalten.
Kindergarten und Schule
Wenn Kinder Läuse haben, müssen sie nach dem Infektionsschutzgesetz8 erst mal zu Hause bleiben. Eltern sind verpflichtet, Erzieher/innen und Lehrer/innen über den Läusebefall zu informieren. Die Kinder dürfen erst dann wieder kommen, wenn keine Weiterverbreitung mehr zu befürchten ist. Ein ärztliches Attest ist dafür nicht vorgeschrieben,9 wird aber von manchen Einrichtungen verlangt.10
Erstattung durch Krankenkassen
Zur Behandlung von Kindern bis zum vollendeten 12. Lebensjahr erstatten die gesetzlichen Krankenkassen derzeit nur einige Produkte (siehe Tabelle).
Fazit
Alle Mittel haben ihre Vor- und Nachteile: Ein Läusekamm erwischt nicht alle Nissen, und es kann ziemlich an den Haaren ziehen. Dennoch ist die Verwendung eines Läusekamms als Ergänzung zu anderen Behandlungen sinnvoll. Shampoos oder Lotionen mit Nervengift sind wegen resistent gewordener Läuse nicht immer wirksam. Die Giftstoffe können die Haut reizen und schlecht für die Umwelt sein. Mittel, die die Läuse ersticken, wirken auch nicht immer, sind oft leicht entzündlich und deshalb mit Vorsicht zu verwenden. Bei manchen Mitteln ist die Wirksamkeit nicht nachgewiesen (siehe Tabelle). Sprays können Asthma-Anfälle auslösen, deshalb raten wir von ihnen ab.4
Grundsätzlich sollten Sie Ihre Kinder mit einem Mittel behandeln, das auf der so genannten Entwesungsmittelliste steht, die das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit11 erstellt. Darin finden sich nur Produkte, die unter standardisierten Bedingungen auf Wirksamkeit geprüft sind. Für welche Methode Sie sich auch entscheiden: Da fast immer einige Läuse oder Nissen überleben, müssen Sie unbedingt nach acht bis zehn Tagen die Behandlung wiederholen. Wenn nach der zweiten Behandlung immer noch Läuse auftauchen, sollten Sie ein Mittel mit einem anderen Wirkprinzip anwenden.
Stand: 1. Februar 2010 – Gute Pillen – Schlechte Pillen 01/2010 / S.03