Hand aufs Herz
Schützt Vitamin K2 Herz und Blutgefäße?
Ein gesundes Herz und eine gute Durchblutung sind erstrebenswert, keine Frage. Da verwundert es auch nicht, dass Nahrungsergänzungsmittel mit derartigen positiven Effekten werben– etwa Produkte mit Vitamin K2. Wir haben einmal genau hingesehen, ob ein Nutzen tatsächlich belegt ist.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind in Deutschland eine häufige Todesursache: Kein Wunder also, dass der Vorbeugung und Behandlung solcher Krankheiten viel Aufmerksamkeit geschenkt wird. Das ruft aber auch Geschäftemacher auf den Plan, die mit zweifelhaften Mittelchen Profit machen wollen.
Was kann Vitamin K2?
Der jüngste Fall, der an uns herangetragen wurde, ist Vitamin K2, auch Menachinon genannt. Das Vitamin kommt in tierischen Lebensmitteln wie Fleisch, Leber, Fisch, Ei und Milchprodukten vor, auch unsere Darmbakterien können Vitamin K2 produzieren. Im Körper unterstützt es die Arbeit von Enzymen des Stoffwechsels. Nicht verwechseln sollte man K2 mit dem bekannteren Vitamin K1 (Phyllochinon), das vor allem in Pflanzen steckt, besonders in grünem Blattgemüse, die Blutgerinnung unterstützt und eine wichtige Rolle im Knochenstoffwechsel spielt.
Rohrfrei für Herz und Kreislauf?
Vitamin K2 ist eigentlich eine Sammelbezeichnung für verschiedene eng verwandte Substanzen. Für den Schutz von Herz und Blutgefäßen wird besonders Menachinon-7, kurz MK-7 beworben. Die Theorie: Vitamin K2 soll die „Verkalkung“ von Blutgefäßen verhindern und so für eine gute Durchblutung sorgen. Doch was ist tatsächlich dran? Kurze Antwort: Nach derzeitigem Kenntnisstand … nichts.
Lange Antwort: Wir haben nach Studien gesucht, bei denen Menschen nach dem Zufallsprinzip einer von zwei Gruppen zugeteilt wurden. Eine sollte Vitamin K2 einnehmen, die andere ein Scheinmedikament oder alternativ ein nachweislich wirksames Mittel zur Vorbeugung. Nach ausreichend langer Prüfzeit sollte dann die Auswertung ergeben, ob in der Gruppe mit Vitamin K2-Einnahme Herzinfarkt, Schlaganfall oder eine andere Herz-Kreislauf-Erkrankung seltener waren. Allein: Solche Studien konnten wir nicht finden.
Zwar gibt es einige ähnliche Studien mit fairen Vergleichsgruppen, allerdings untersuchten die nur indirekte Anhaltspunkte für eine Gefährdung wie etwa Veränderungen an den Blutgefäßen. Aus der Messung solcher Ersatzgrößen (Surrogate) lassen sich aber keine verlässlichen Schlussfolgerungen ziehen (siehe auch Artikel zu Palbociclib in diesem Heft, S. 4). Das ergab auch eine Zusammenfassung der internationalen Cochrane Collaboration zum Thema Vitamin K2.1
Beobachten reicht nicht
Unsere Ansicht teilt die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, EFSA. Die hatte 20092 und noch einmal 20123 die Sachlage geprüft. Aufgrund der vorliegenden Studien kommt sie zu keiner positiven Bewertung. Daran änderten auch die zwei großen Beobachtungsstudien nichts, die ein Hersteller bei der EFSA eingereicht hatte. In beiden hatten Forscherinnen und Forscher Menschen nach ihren Ernährungsgewohnheiten gefragt, besonders nach der verzehrten Menge an Vitamin K2, und dann über mehrere Jahre beobachtet, ob sich bei ihnen eine Arterienverkalkung oder eine Verengung der Herzkranzgefäße entwickelte. Aus solchen Beobachtungsstudien lässt sich allerdings nicht ableiten, ob tatsächlich Vitamin K2 die Veränderungen verursacht.
Hinzu kommt: Die beiden Studien kamen zu widersprüchlichen Ergebnissen, ein positiver Zusammenhang zwischen Vitamin K2-Verzehr und Herzgesundheit ließ sich nur in einer der beiden Untersuchungen finden.
Deshalb dürfen Anbieter Nahrungsergänzungsmittel mit Vitamin K2 nicht damit bewerben, dass sie die Blutgefäße gesund halten. Dass diverse Webseiten das dennoch tun, steht auf einem ganz anderen Blatt (GPSP 3/2018, S. 26).
Stand: 12. September 2018 – Gute Pillen – Schlechte Pillen 05/2018 / S.10