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© Jakob Frey-Schaaber

Ciprofloxacin und Levofloxacin: Immer noch zu häufig verordnet

Behörden erinnern an Regeln für riskante Antibiotika

Seit 2019 gelten für Antibiotika aus der Gruppe der Gyrasehemmer (auch als Fluorchinolone bekannt) strenge Anwendungsbeschränkungen. Wegen der möglichen Nebenwirkungen auf Sehnen, das Nervensystem, die Blutgefäße und das Herz sollen Wirkstoffe wie Ciprofloxacin und Levofloxacin nur dann eingesetzt werden, wenn eine Antibiotika-Behandlung wirklich nötig ist und es keine besseren Alternativen gibt. Wie eine von der europäischen Zulassungsbehörde EMA finanzierte Studie zeigt, haben mehrfache Warnungen seit 2019 aber wenig genützt.1

Maßnahmen ohne Erfolg

Daten der Jahre 2016 bis 2021 aus sechs europäischen Ländern, darunter Deutschland, deuten darauf hin, dass diese Antibiotika in der Praxis immer noch viel zu großzügig verordnet werden. Die bisherigen Maßnahmen der Zulassungsbehörden hatten der Auswertung zufolge in den meisten Ländern keine wesentlichen Auswirkungen. In Belgien gingen die Verordnungszahlen nicht im zeitlichen Zusammenhang mit den Aktivitäten der Zulassungsbehörden zurück, sondern schon zu einem früheren Zeitpunkt, als die Krankenkassen die Kosten für Gyrasehemmer bei leichten Infektionen nicht mehr bezahlten. In Deutschland waren die Verordnungszahlen bereits vor den Maßnahmen deutlich zurückgegangen.

Wiederholte Erinnerung

Als Reaktion auf die Auswertung haben die Zulassungsbehörden Anfang Juni EU-weit einen Rote-Hand-Brief verschickt, der Ärztinnen und Ärzte an die geltenden Regeln erinnern soll. Diese betreffen Medikamente zum Einnehmen oder Inhalieren, nicht aber zum Beispiel Augentropfen.

So dürfen die Gyrasehemmer nicht zur Vorbeugung von Reisedurchfall oder wiederkehrenden Harnwegsinfekten verordnet werden, auch nicht zur Behandlung von leichten bis mittelschweren Infektionen, wenn es Alternativen gibt. Wenn in der Vergangenheit bereits Nebenwirkungen aufgefallen sind, etwa an Sehnen, Muskeln oder Gelenken beziehungsweise psychische oder nervliche Störungen, sollen Patient:innen nicht erneut mit Gyrasehemmern behandelt werden. Besonders gefährdet sind Menschen ab 60 Jahren, bei Nierenproblemen, nach einer Organtransplantation oder wenn jemand gleichzeitig ein Cortison-ähnliches Medikament einnimmt.

Warnzeichen beachten

Wenn bestimmte Beschwerden auftreten, ist es sinnvoll, die Einnahme des Gyrasehemmers abzubrechen und sofort mit Arzt oder Ärztin Rücksprache zu halten. Dazu gehören:

  • Schmerzen oder Schwellungen an den Sehnen, besonders am Knöchel oder in der Wade
  • Schmerzen, Taubheit, Kribbeln, Schwellungen oder Muskelschwäche, etwa an Händen oder Füßen
  • Starke Müdigkeit, Depression, Gedächtnisschwäche oder starke Schlafprobleme
  • Veränderungen von Sehen, Hören, Schmecken oder Riechen
  • Schwellungen in Schultern, Armen oder Beinen oder Schmerzen in den Gelenken.

Einschränkungen für gängige Antibiotika

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 05/2023 / S.23