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© Martin Wahlborg/ iStockphoto.com

Antidepressiva absetzen – aber wie?

Was ist die beste Strategie, Antidepressiva abzusetzen, wenn sie nicht mehr benötigt werden? Keine Ahnung. Das ist die traurige Bilanz einer aktuellen Analyse bisheriger Untersuchungen. Denn die Qualität solcher Studien ist miserabel.

Antidepressiva sind schnell verschrieben. Aber wenn Patient:innen sie wieder absetzen wollen, kann das äußerst schwierig werden. Denn dabei können Entzugssymptome, etwa Schlaf- oder Stimmungsprobleme, auftreten, die äußerst unangenehm sind und manchmal sogar als neue Episode der Depression missverstanden werden. Die Folge: Antidepressiva werden länger eingenommen, als es eigentlich nötig ist.

Viele Studien…

Was kann beim Absetzen helfen? Diese Frage hat sich ein Team des internationalen Forschungsnetzwerks Cochrane gestellt und in einer Übersichtsarbeit Studien zusammengestellt und analysiert, die sich mit diesem Thema beschäftigen.1 Zwar konnten die Wissenschaftler:innen 33 Studien mit fast 5.000 Patient:innen identifizieren, die zuvor mindestens sechs Monate lang Antidepressiva eingenommen hatten. Die Studien hatten die Teilnehmenden nach dem Zufallsprinzip einer von zwei oder mehreren Gruppen zugeteilt. Verglichen wurde in den Studien eine ganze Reihe von Ansätzen, etwa abruptes Absetzen, schrittweises Absetzen, Absetzen mit psychotherapeutischer Unterstützung, mit einem oder ohne ein Scheinmedikament.

… wenig Erkenntnisse

Allerdings ließen sich aus den gesammelten Daten keine verlässlichen Schlussfolgerungen zu geeigneten Strategien ziehen. Der Grund: Die Studien waren allesamt methodisch schlecht gemacht. Fast alle trafen keine Vorkehrungen, um Entzugssymptome sicher von neuen Episoden einer Depression zu unterscheiden. Noch dazu unterschieden sich die Teilnehmenden, die Details der Absetzstrategien und die Überwachung in den Studien erheblich.

Verlässliche Schlussfolgerungen, wie lange die Absetzphasen am besten dauern sollten, konnte das Cochrane-Team aus den Daten ebenfalls nicht ableiten. Vieles spricht aber dafür, dass wohl eher Monate als Wochen sinnvoll sind und es helfen könnte, am Ende der Absetzphase noch für einige Zeit eine Mini-Dosis des Antidepressivums einzunehmen.

Die meisten der bisherigen Studien wurden bei Menschen durchgeführt, die schon mehr als zwei Depressionsepisoden hinter sich hatten. Ob sich die Ergebnisse auch auf die Behandlung in einer hausärztlichen Praxis oder auf Menschen mit nur einer Depressionsepisode und niedrigem Rückfallrisiko übertragen lassen, ist fraglich.

Bald hoffentlich mehr

Der Cochrane Review bestätigt im Wesentlichen die Ergebnisse einer britischen Analyse aus dem Jahr 2019. Zwar laufen derzeit einige Studien, die in den nächsten Jahren hoffentlich bessere Anhaltspunkte bieten. Bis dahin bleiben nur Erfahrungswerte, wie sie etwa das britische Royal College of Psychiatrists formuliert hat:

  • Antidepressiva nur in Absprache mit Arzt oder Ärztin absetzen.
  • Die Dosis schrittweise über einen längeren Zeitraum verringern.
  • Geduld haben: Das Absetzen kann mehrere Wochen bis Monate dauern.

Depression
GPSP 1/2008, S. 12

Britische Empfehlungen
GPSP 1/2021, S. 26

Absetz­probleme
GPSP 5/2018, S. 6

PDF-Download

– Gute Pillen – Schlechte Pillen 05/2021 / S.07