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Zuviel des Guten

Antibiotika-Resistenzen breiten sich aus

Lesetipp Pharma-Brief (2015) Antibiotika-Resistenzen: eine globale Herausforderung. Spezial, Nr. 2,
40 Seiten, kostenfreier Download: www.bukopharma.de

Ärzte können mit Antibiotika vormals tödliche Krankheiten in den Griff bekommen. Aber der oft unkritische Einsatz macht diese Waffe stumpf. Weltweit breiten sich Antibiotika-Resistenzen aus. Ärzte und Patienten müssen sorgsamer mit den wichtigen Wirkstoffen umgehen.

Bakterien können ihr Erbgut rasch verändern und darum auch unter widrigen Umweltbedingungen überleben. Auch Antibiotika machen es Bakterien schwer, aber früher oder später widerstehen sie diesen Arzneistoffen, werden resistent. Dann kann Schlimmes passieren: Nach einer OP kommt es zu einer Infektion, gegen die kein Antibiotikum hilft. Die Bakterien sind multiresistent, Angehörige und Ärzte verzweifeln, der Patient ist in tödlicher Gefahr.

Unnötige Verordnung

Werden Antibiotika zu oft, also unnötig, angewendet, fördert das die Bildung von resistenten Bakterien. Darum hat die Bundesregierung ihr Programm zur Bekämpfung der Antibiotika-Resistenz kürzlich erweitert.1

Eine Umfrage ergab, dass immer noch vier von zehn Menschen in Deutschland glauben, Antibiotika würden bei Erkältungen (grippale Infekte) helfen.2 Doch die werden von Viren verursacht, und gegen diese sind Antibiotika nutzlos.

Aber auch eine sinnvolle Behandlung nicht konsequent zu Ende zu führen, ist ein Fehler. Verordnet der Arzt bei einem bakteriellen Infekt ein Antibiotikum, sollte dies so lange eingenommen werden, wie vorgeschrieben. Wer die Behandlung abbricht, sobald er sich besser fühlt, tut sich keinen Gefallen. Jene Bakterien, denen das Antibiotikum noch nichts anhaben konnte, überleben und vermehren sich. Bei der nächsten Infektion wirkt das Antibiotikum möglicherweise nicht mehr.

Wer Reste eines verordneten Antibiotikums für Eventualitäten aufbewahrt, begeht möglicherweise einen doppelten Fehler: Wer das Mittel zu früh absetzt, riskiert den Behandlungserfolg. Werden die restlichen Tabletten beim nächsten Infekt in Eigenregie eingenommen, ist nicht klar, ob Bakterien am Werk sind. Eine ärztliche Diagnose ist deshalb unverzichtbar!


Globales Problem

In drei von vier Ländern weltweit sind Antibiotika frei verkäuflich. Deutschland gehört nicht dazu. Aber was die Fehleinschätzung und den falschen Gebrauch von Antibiotika angeht, unterscheiden wir uns kaum von Menschen in China, Vietnam oder Nigeria. Das ergab eine Befragung durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO).3 Weil Resistenzen keine Grenzen kennen und sich weltweit ausbreiten, hat die WHO einen Aktionsplan erarbeitet. Zu den wichtigen Maßnahmen zählen:

  • Verbraucher und Verbraucherinnen müssen den korrekten Umgang mit Antibiotika lernen.
  • Ärzte und Ärztinnen sollen Antibiotika nur verschreiben, wenn es wirklich notwendig ist.
  • Kliniken müssen dafür sorgen, dass Hygienevorschriften besser eingehalten und so Krankenhausinfektionen vermindert werden.
  • Tierhaltung verantwortet einen großen Anteil des weltweiten Antibiotika-Verbrauchs. In den USA verwenden Landwirte Antibiotika als Masthilfe, damit die Tiere schneller Gewicht zulegen. Diese Praxis ist in der EU seit einigen Jahren verboten. Dennoch fordert die umstrittene Massentierhaltung ihren Tribut: Auch in Europa bekommen die Tiere oft vorbeugend Antibiotika.
  • Pharmaunternehmen investieren inzwischen kaum noch in die Entwicklung neuer antibiotischer Wirkstoffe. Die Mittel werden – anders als etwa Herz- oder Diabetesmittel – nur kurzzeitig eingesetzt, deshalb sind die Gewinnaussichten nicht so hoch. Dabei sind neue Antibiotika dringend notwendig, denn die Resistenzen machen das scharfe Schwert Antibiotikum stumpf.

Antibiotika GPSP 5/2014, S. 25 

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 01/2016 / S.23