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Radioaktive Kieselerde

Das Schweizer Heilmittelinstitut Swissmedic hat Actilife® Kieselerde mit sofortiger Wirkung vom Markt genommen. In dem zur „Ergänzung der Nahrung bei Störungen des Nagel- und Haarwachstums“ angebotenen Pulver stellten Analytiker Radioaktivität oberhalb der Grenzwerte für Lebensmittel fest.

Die Radioaktivität in Kieselerde ist natürlichen Ursprungs. Ihr Ausmaß hängt von der Herkunft des Rohstoffes ab. Das Heilmittelinstitut sieht in Anbetracht der geringen eingenommenen Mengen zwar keine „unmittelbaren Gesundheitsgefahren“, stuft das Produkt jedoch als für die menschliche Ernährung „ungeeignet“ ein.1 Entsprechende Untersuchungen für Präparate des Deutschen Marktes finden wir nicht.
Auf Kieselerde kann man unseres Erachtens getrost verzichten. Für die üblichen Versprechungen wie straffe und schöne Haut, feste Fingernägel, kräftiges und gesundes Haar – sogar der Alterungsprozess soll gehemmt werden (z.B. Duopharm für Flügge® Kieselerde) – finden wir in medizinischen Datenbanken keine Belege.
Da Kieselsäurepräparate überwiegend als Nahrungsergänzungsmittel angeboten werden, die keine behördliche Zulassung benötigen und keinen systematischen Kontrollen unterliegen, verwundert das wenig. Für die Zulassung als Arzneimittel wären entsprechende Studien erforderlich, allerdings nicht, wenn es heißt: „traditionell angewendet bei …“. Vorsicht: Solche Formulierungen sind generell ein Hinweis auf unzureichende oder fehlende Belege eines Nutzens.
Schon vor mehr als zehn Jahren beurteilte eine Kommission des damaligen Bundesgesundheitsamtes Kieselsäure (bzw. Siliziumdioxid) negativ: „Aufgrund des fehlenden klinischen Erkenntnismaterials, insbesondere zu Dosierung und Dauer der Anwendung, kann Siliciumdioxyd zur Therapie für die beanspruchten Anwendungsgebiete nicht empfohlen werden.“2 Gleichzeitig warnte die Kommission vor einer möglichen Nierenschädigung, wenn Kieselerde langfristig und hoch dosiert eingenommen wird: „In Einzelfällen (ist) die Bildung von siliciumhaltigen Nierensteinen möglich“.2

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 06/2008 / S.07