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© Jörg Schaaber

Mit Ginkgo gegen Ohrgeräusche?

Die Firma Schwabe verkauft seit 50 Jahren Tebonin®, ein Präparat, das einen Extrakt aus den Blättern des Ginkgobaumes enthält. Über die unzureichenden Nutzenbelege, etwa zur Behandlung von geistigen Leistungseinbußen bei Demenz oder bei Durchblutungsstörungen in den Beinen (Claudicatio intermittens) berichtete GPSP wiederholt.

Seit April 2013 bietet die Firma das „speziell für Tinnitus und Ohrgeräusche zugelassene“1 Präparat Tebonin® 120 mg bei Ohrgeräuschen an. Es ist das „einzige Produkt speziell mit dieser Indikation“ wirbt Schwabe.1 Da könnte man vermuten, dass dieses Tebonin®-Präparat von besonderem Nutzen für Menschen mit Tinnitus ist.2 Die Firma argumentiert, die Namensgebung erhöhe den Behandlungserfolg, da sich die von Tinnitus Geplagten mit ihren konkreten Beschwerden in dem Namen Tebonin® bei Ohrgeräuschen wiederfinden. Nachweise für diese Hypothese liefert Schwabe auf Anfrage aber nicht.3 Ohnehin dürfte ein „Wiederfinden“ der Beschwerden im Handelsnamen therapeutisch nicht ausreichen, denn aussagekräftige Nutzenbelege für Ginkgo biloba bei Tinnitus fehlen.3

Die aktuelle Leitlinie „Tinnitus“ der deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie fasst den Kenntnisstand für Ärzte zusammen. Ginkgo biloba wird mit keinem Wort erwähnt, vielmehr kann man da lesen: „Eine wirksame Tinnitus-spezifische Arzneimitteltherapie des chronischen Tinnitus steht nicht zur Verfügung. Es sollte daher kein Medikament mit dem Ziel einer Symptomkontrolle des Tinnitus rezeptiert werden.“4 An dieser Aussage orientiert sich beispielsweise auch der Ratgeber der Stiftung Warentest „Besser Hören“: „Eine medikamentöse Therapie gegen Tinnitus gibt es nicht.“5

Die Schwabe GmbH geht in ihrem Werbeschreiben allein in Deutschland von drei Millionen Menschen mit Tinnitus-Problemen aus und von vielen weiteren mit leichteren Ohrgeräuschen – ein lukrativer Markt für den Anbieter eines Produkts, von dem Betroffene wohl kaum in erhoffter Weise profitieren dürften.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 04/2013 / S.26