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© AlexandarNakic_iStock

Zucker in der Schwangerschaft

Welche Strategie zur Diabetes-Früherkennung ist die bessere?

Es ist unumstritten: Eine Früherkennungsuntersuchung auf Schwangerschaftsdiabetes kann helfen, Mutter und Kind vor Risiken zu schützen. Aber wie sollte dieses „Screening“ genau aussehen? Eine neue Studie bringt jetzt mehr Klarheit in diese Diskussion.

Eine Schwangerschaft verändert vieles: Das gilt auch für den Stoffwechsel der Mutter. So kann etwa der Blutzuckerspiegel ansteigen, wenn die Körperzellen Zucker aus dem Blut langsamer aufnehmen. Übersteigt der Blutzuckerspiegel anhaltend bestimmte Werte, sprechen Fachleute von Schwangerschafts- oder Gestationsdiabetes.

Das betrifft in Deutschland etwa fünf von 100 Schwangeren, besonders Frauen mit Übergewicht. Wer bereits einmal Schwangerschaftsdiabetes durchgemacht oder nahe Verwandte mit Diabetes hat, trägt ebenfalls ein Risiko.

Solche erhöhten Blutzuckerwerte sind nicht automatisch gefährlich, können aber die Geburt komplizierter machen, weil die Babys oft etwas größer sind. Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes entwickeln außerdem eher die seltene Schwangerschaftserkrankung Präeklampsie, die für Mutter und Kind riskant verlaufen kann.

Zwar geht der Blutzuckerspiegel nach der Geburt meist wieder auf normale Werte zurück, allerdings steigt das Risiko für einen späteren Typ-2-Diabetes. Bei Schwangerschaftsdiabetes reichen oft eine angepasste Ernährung und mehr Bewegung als Behandlung aus. Bei sehr hohen Blutzuckerwerten kann auch eine Insulintherapie nötig werden.1

Eine Stufe oder zwei?

Die Früherkennung funktioniert so: Die Schwangere trinkt eine Lösung mit einer bestimmten Menge Traubenzucker (Glucose), und nach festgelegten Zeiten wird dann ihr Blutzuckerspiegel gemessen. Die Details eines solchen Screenings wurden aber unter Expert:innen lange kontrovers diskutiert. Dabei gab es zwei Positionen:

  1. Einige Fachleute bevorzugen einen einstufigen Test mit 75 Gramm Glucose.
  2. Andere plädieren für ein zweistufiges Vorgehen: zuerst ein Suchtest mit 50 Gramm Glucose und nur bei auffälligen Werten ein Bestätigungstest mit 75 Gramm Glucose.

Etwas mehr Klarheit

Welche Strategie besser ist, war lange nicht ausreichend untersucht. Bekannt war jedoch, dass mit dem weniger aufwendigen einstufigen Test mehr Frauen die Diagnose „Gestationsdiabetes“ erhielten. Ob Mutter und Kind davon profitieren oder nur unnötig belastet werden, blieb unklar. In Deutschland gehört seit 2012 das zweistufige Screening für Frauen zwischen der 24. und 27. Schwangerschaftswoche zum Programm.

2021 wurde schließlich eine Studie veröffentlicht,2 die beide Test-Strategien miteinander verglich: Mehr als 23.000 Schwangere in den USA erhielten nach dem Zufallsprinzip entweder einen einstufigen oder einen zweistufigen Test. Dabei bestätigte sich, dass mit dem einstufigen Test häufiger die Diagnose Schwangerschaftsdiabetes gestellt wird, nämlich bei etwa 17 von 100 Frauen. Mit dem zweistufigen Test waren es nur rund 9 von 100. Bei jeweils knapp der Hälfte der diagnostizierten Schwangeren in jeder Gruppe war eine Behandlung mit Medikamenten, meist Insulin, nötig.

Trotz der häufigeren Diagnosen und Behandlungen zeigte sich am Ende der Schwangerschaft aber kein handfester Vorteil für das einstufige Screening: Denn große Babys, Komplikationen bei der Geburt, Kaiserschnitte oder Schwangerschaftserkrankungen der Mutter waren in beiden Gruppen gleich häufig. Allerdings wurde bei den Neugeborenen in der Gruppe mit dem einstufigen Screening etwas öfter eine Unterzuckerung bemerkt.

Fazit

Weil die genauen Details von Screening und Behandlung etwas von dem in Deutschland üblichen Vorgehen abwichen, kann die Studie noch nicht alle offenen Fragen beantworten. Sie bestätigt jedoch, dass der einstufige Test dazu führt, dass mehr Frauen behandelt werden, aber keinen größeren Nutzen hat als das zweistufige Screening.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 01/2022 / S.06