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©Prazac/wikimedia commons

Wiesenlieschgras: Allergieimpfung gegen Heuschnupfen?

Neu: Grazax® Tabletten - „Allergieimpfung“ gegen Heuschnupfen?

Grazax® Tabletten sollen jetzt die Behandlung der Gräserpollenallergie erleichtern. Sie werden vom Anbieter als „Allergieimpfung“1 bezeichnet. Bislang gab es zur so genannten Hyposensibilisierung nur Spritzen sowie umständlich anzuwendende Tropfen.

Der Hersteller Alk-Scherax bezeichnet Grazax® als „hoch wirksam“ und „gut verträglich“.1 Die Tabletten enthalten eine bestimmte Menge von Allergenen aus Pollen von Wiesenlieschgras. Das verschreibungspflichtige Arzneimittel ist nur für Erwachsene mit allergischen Symptomen an Nase und Augen zugelassen. Voraussetzung für die Anwendung sind Tests, die bestätigen, dass die Symptome durch Gräserpollen ausgelöst werden.

Die Einnahme von Grazax® soll mindestens vier Monate vor dem erwarteten Beginn des Pollenflugs begonnen und während der gesamten Pollensaison fortgesetzt werden. Täglich muss eine der so genannten Sublingualtabletten unter die Zunge gelegt werden (sublingual = unter die Zunge). Dort löst sich die Tablette rasch auf. Die Allergene sollen auf diese Weise besser vom Körper aufgenommen werden als bei den Tropfen.

Während sich für gespritzte Präparate ein gewisser Nutzen bei Pollenallergien nachweisen lässt (GPSP 4/2006, S. 6), sind die Wirksamkeitsbelege für sublinguale Präparate bislang ungenügend. Eine „hohe“ Wirksamkeit, wie vom Hersteller behauptet, können wir nicht bestätigen. Zwar gibt es für die neuen Tabletten zwei Studien, in denen beim Vergleich mit einem Scheinmedikament eine geringe Besserung von Heuschnupfensymptomen während der Pollenflugsaison feststellbar waren.2 Die Aussagekraft dieser Ergebnisse ist jedoch eingeschränkt, da die Studien von schlechter methodischer Qualität sind. Wichtiger wäre zudem ein Vergleich der neuen Tabletten mit den gebräuchlichen Präparaten zum Spritzen, deren Wirksamkeit bei Pollenallergie besser belegt ist. Doch solche wirklich sinnvollen Studien fehlen.

Auch die Verträglichkeit des neuen Mittels bewerten wir nicht so positiv wie der Hersteller: Da die Tabletten einen allergenen Bestandteil enthalten, gegen den ja bereits eine Unverträglichkeit besteht, verwundert es nicht, dass bei sieben von zehn Anwendern Nebenwirkungen auftreten. Besonders oft kommt Juckreiz im Mund, an den Augen, den Ohren und der Haut vor. Zunge und Schleimhäute im Mundbereich schwellen häufig an, bei manchen Anwendern so stark, dass der Arzt gegen diese Nebenwirkung ein Kortikoid spritzen muss. Rachenentzündungen, Husten, Kopfschmerzen und Müdigkeit kommen ebenfalls häufig vor, und außerdem zahlreiche weitere Nebenwirkungen.3

100 Tabletten kosten 372,45 Euro. Die monatlichen Kosten betragen also 113 Euro.

Beim gegenwärtigen Kennt­nis­stand können wir die Anwendung der wenig nützlichen und schlecht ver­träg­lichen Grazax®-Tablet­ten nicht empfehlen. Die Anwendung bei Kindern ist nicht erlaubt.

PDF-Download

– Gute Pillen – Schlechte Pillen 01/2007 / S.01