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Zuviel versprochen

Ärzte sind auch nur Menschen. Deshalb unterscheiden sich Werbeanzeigen für diese Zielgruppe eigentlich kaum von anderen. Werbung arbeitet mit Gefühlen: Bilder von Freude, Ruhe oder Lust sollen helfen, ein Arzneimittel mit einer positiven Stimmung zu verbinden. Einen Unterschied gibt es aber laut Gesetz: Rezeptpflichtige Medikamente dürfen nur bei Ärzten und Apothekern beworben werden. Die Ärzte-Werbung für das Memantin-Präparat Axura® verspricht glückliche, zufriedene Menschen. Eben das, was sich alle für ihr Alter wünschen. Nur, leider kann das Präparat gegen Alzheimer Demenz dieses Versprechen nicht einlösen.

Werbung für das Memantin-Präparat Axura®
Abbildung: Neurotransmitter 11/2009
  • Harmonie: Diese Anzeige signalisiert Wohlbefinden. Solche Wohlfühlwerbung für Ärzte trägt mit dazu bei, dass die Firma Merz und ihre Partner trotz fehlender Nutzenbelege pro Jahr eine Milliarde Euro mit Memantin umsetzen.
  • Leere Versprechen: „Länger ich. Länger miteinander“. Das wünschen sich viele. Dabei gibt es keine Studien, die belegen, dass dieses Medikament dazu beiträgt.
  • Perfektes Paar: Das friedvolle Bild der beiden Senioren ist eine perfekte und perfide Täuschung. Memantin wird bei starker Einschränkung des Intellekts oder komplettem Verlust der Persönlichkeit verordnet. Daran ändert das Medikament keinen Deut. – Leider.
  • Das Kleingedruckte: Gesetzlich vorgeschrieben, aber wer liest das schon? Vor allem wenn die Schrift selbst mit Lupe eine Zumutung ist. Den Preis sucht man vergeblich.

„Es gibt keinen Beleg für einen Nutzen der Memantin-Therapie bei Patienten mit Alzheimer Demenz.“ Zu diesem Ergebnis kam die gründliche Prüfung aller relevanten zugänglichen Studien zu Memantin, dem Wirkstoff von Axura®. Das jedenfalls gilt für die Aktivitäten, die im Alltag wichtig sind, für Aufmerksamkeit und Lernfähigkeit (kognitive Leistungsfähigkeit) und die gesundheitsbezogene Lebensqualität. Auch Angehörige werden nicht entlastet, ihre Lebensqualität bessert sich nicht. Und weil die Hersteller ihre Daten zum Einfluss auf den Betreuungsaufwand geheim halten, lassen sich dazu keine Aussagen machen. 115-120 Euro pro Monat kostet Axura®. Viel Geld für wenig Wirkung. Um so erstaunlicher ist, dass im Jahr 2008 Ärzte 380.700 Packungen Axura® verschrieben haben. Offenbar wirkt die Werbung besser als das Medikament.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 04/2010 / S.16