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© ShutterWorx /iStockphoto.com

Vorspeise: Mehlwürmer

Aktuelles und Wissenswertes zu Insekten als Lebensmittel

Wie, noch nie Insekten probiert? Zu eklig? Für gut zwei Milliarden Menschen gehören sie längst zum Speiseplan. In der EU gelten sie als „neuartige Lebensmittel“, die sich hierzulande inzwischen immer öfter in den Supermarkt-Regalen finden. Was müssen Verbraucher:innen dazu wissen?

Wie wäre es mal mit „Mexikanischem Kaviar“ auf die Tortillas? Das sind gekochte Ameisen in Öl und Knoblauch. Oder ein japanisches Rezept: gekochte Wespenlarven und frittierte Zikaden? Doch lieber was Süßes? Schokolierte Heuschrecken sind für Kinder in Guatemala der Renner.

Weltweit gibt es rund 2.000 essbare Insektenarten. Und einige von ihnen werden jetzt auch bei uns vermarktet. Tatsächlich spricht auch einiges für die Krabbeltiere als Lebensmittel.

Viel Eiweiß

Essbare Insekten enthalten nachweislich reichlich Omega-3-Fettsäuren, B-Vitamine und wichtige Mineralstoffe. Bezogen auf ihre Körpermasse ist ihr Proteingehalt ähnlich hoch wie bei Rind, Schwein oder Pute. Die FAO, die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen, hält Insekten deshalb für ein wichtiges Mittel, um die Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung künftig zu sichern.1

Zukunftsfähige „Massentierhaltung“?

Ein weiterer Pluspunkt ist die klimafreundliche Aufzucht der Insekten. Sie brauchen weniger Platz und weniger Wasser als Rinder, Schweine oder Hühner, und es werden deutlich weniger Treibhausgase abgegeben. Strittig ist, inwieweit beheizte Anlagen den Nachhaltigkeitsfaktor schmälern.

Speziell gezüchtet

Insekten, die bei uns verkauft werden, stammen aus „kontrollierter Aufzucht“, etwa von niederländischen, spanischen und auch deutschen Insektenfarmen. Sogenannter Wildfang, zum Beispiel die „Ernte“ aus einer Heuschreckenplage in Afrika, ist verboten.2

Für die Fütterung gibt es hierzu noch keine konkreten gesetzlichen Vorgaben, es gilt aber die Futtermittelhygiene–Ordnung: keine Lebensmittelabfälle verfüttern, nur zugelassene Zusatzstoffe verwenden, mikrobiologische Vorgaben einhalten. Speziell für die ökologische Insektenzucht hat bislang erst ein Verband für Bio-Lebensmittel Richtlinien festgelegt.

Rechtliche Regelungen

Übrigens dürfen Insekten nicht einfach so als Lebensmittel verkauft werden, sondern brauchen eine Zulassung als neuartiges Lebensmittel („novel food“). Im Mai 2021 erhielt der gelbe Mehlwurm als erstes Insekt innerhalb der EU diese Genehmigung. Die Larven des Mehlkäfers dürfen nun als Ganzes oder gemahlen als Lebensmittel verkauft werden, bis zu einem Anteil von zehn Prozent können sie etwa Nudeln oder Keksen zugesetzt werden.

Für andere essbare Insekten gelten noch Übergangsvorschriften, weil die Anbieter bei der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bereits einen Antrag gestellt haben. Deshalb dürfen derzeit auch Lebensmittel mit Buffalowurm, Hausgrille, Europäische Wanderheuschrecke, Honigbienendrohnenbrut oder Soldatenfliege legal verkauft werden.

Und die Sicherheit?

Das Problem: Weil die Produkte noch nicht von der EFSA bewertet wurden, können gesundheitliche Risiken nicht ausgeschlossen werden: Etwa, dass die Insekten Krankheiten auf Menschen übertragen oder dass unerlaubte Antibiotika, Hormone oder andere Chemikalien enthalten sind.

Die Verbraucherzentralen fordern für Insekten unabhängige Studien zu gesundheitlichen Aspekten, Hygiene und Krankheiten, Umweltfaktoren und Tierschutz. Auch die Hygienevorschriften für die Produktion und die Fütterung sollten für Insekten verbindlich gemacht werden.

Allergien

Wer allergisch auf Schalen- oder Krustentiere oder Hausstaubmilben reagiert, könnte möglicherweise auch Speiseinsekten nicht vertragen. Zurecht erwarten die Verbraucherzentralen auf Verpackungen mehr Klarheit für Allergiker:innen. Sie fordern verbindliche, gut erkennbare Hinweise auf der Packungsvorderseite und in der Zutatenliste. Ferner sollte auf der Packung erwähnt werden, ob das Produkt noch erhitzt werden muss oder ob und wie die Anbieter bereits bei der Produktion mögliche Keime abgetötet haben. Verbindliche Vorgaben dazu sind auf EU-Ebene derzeit erst in Arbeit. Bei einem Marktcheck von Insektenprodukten im Jahr 2020 fehlten solche Hinweise bei einer ganzen Reihe der geprüften Produkte.

Übertriebene Werbung

Die Verbraucherzentralen hatten außerdem überprüft, wie die Anbieter auf der Packung in Sachen Gesundheitsbehauptungen oder Nährwerte werben: Bei den 32 überprüften Produkten fanden sich 13 gesundheitsbezogene Angaben (zum Beispiel „reich an Antioxidantien“), die allesamt unzulässig waren. Von den 70 nährwertbezogenen Angaben wie „reich an Protein“ war mehr als ein Drittel nicht erlaubt.3

Wer traut sich?

Insektenlebensmittel sind bislang noch sehr teuer. Der durchschnittliche Preis in der Stichprobe der Verbraucherzentralen im Jahr 2020 lag bei 43 Euro pro 100 Gramm ­ also deutlich höher als für viele herkömmliche Fleischprodukte. Damit sich Insekten als Lebensmittel durchsetzen, müssten hierzulande also nicht nur die Ekelschwelle, sondern auch die Kosten erheblich sinken.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 05/2021 / S.12