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©Jörg Schaaber

Propolis: Bienenkitt für Menschen?

Propolis ist eine harzige Masse, die Honigbienen herstellen, um ihren Bienenstock abzudichten. Seit Jahrhunderten wird der Bienenkitt weltweit in der Volksmedizin verwendet. Noch heute empfehlen viele Bücher Propolis als Hausmittel bei Erkältungen, Halsschmerzen, Magenbeschwerden oder Sonnenbrand. Getränke mit Propolis sollen ganz pauschal Krankheiten vorbeugen. – Aber lässt sich ein Nutzen wissenschaftlich belegen?

Bienen sammeln Harz von Bäumen und Blüten, das sie mit Speichel und Wachs zu Propolis vermischen. Propolis wirkt wie ein Desinfektionsmittel, das im feuchtwarmen Bienenstock die Ausbreitung von Pilzen und Bakterien hemmt. Besonders deutlich werden diese Effekte, wenn eine Maus in den Bienenstock eingedrungen ist: Sie wird durch Bienenstiche getötet und anschließend mit Propolis verpackt – und sie verwest nicht. Aber was für ein Bienenvolk nützlich ist, muss nicht zwangsläufig für den Menschen gut sein.

Propolis ist nicht gleich Propolis. Das wird schon an der Bandbreite der Farben deutlich: Gelb, braun, schwärzlich oder auch grün kann die klebrige Masse sein. Die Zusammensetzung hängt von der Jahreszeit, der Region und den Ursprungspflanzen ab. Propolis kann mehr als 200 Inhaltsstoffe enthalten. Bei vielen lassen sich antibakterielle, pilztötende, virentötende, entzündungshemmende oder betäubende Effekte nachweisen.

Seit einigen Jahren nimmt das wissenschaftliche Interesse an Propolis zu. Bisher beschränken sich die Untersuchungen vorwiegend auf Versuche im Reagenzglas oder an Tieren. Die Effekte schwanken stark. Die unterschiedliche Zusammensetzung erschwert auch die Bewertung von Tests mit Menschen. Erste Hinweise gibt es auf einen möglichen Nutzen bei Infektionen im Genitalbereich.1 Als Spülung bei Entzündungen des Mundraumes schnitt Propolis jedoch deutlich schlechter ab als das Desinfektionsmittel Chlorhexidin.2 Widersprüchlich sind die Ergebnisse von Studien, die den Nutzen von Propolis bei einer Chemotherapie gegen Krebs geprüft haben.3 Eine Pilotstudie zur Behandlung von Magengeschwüren verlief erfolglos.4

In Studien mit relativ kurzer Anwendungsdauer wurde bisher nicht über Nebenwirkungen berichtet. Anders sieht das beim alltäglichen Gebrauch aus. Seit Propolis als „Medizin gegen Alles“ angeboten wird, häufen sich allergische Reaktionen, die zum Teil sehr schwer verlaufen.5 Das verwundert nicht, denn der Bienenkitt enthält etliche Substanzen, die Allergien auslösen können. In Großbritannien erwiesen sich zwei Prozent der Bevölkerung als allergisch gegen Propolis.6

Propolis ist ein wissenschaftlich interessantes Substanzgemisch, dennoch können wir es nicht empfehlen. Wegen der unkalkulierbaren Zusammensetzung, der fehlenden Belege für einen Nutzen und wegen der Gefahr allergischer Reaktionen ist Propolis kein unbedenkliches Hausmittel.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 01/2010 / S.11