Zum Inhalt springen
©Jörg Schaaber

Müde statt übel? – Mittel gegen Reisekrankheit

Während die einen schon die Anreise zum Urlaubsziel genießen, wird für andere der Weg mit dem Auto, per Bahn, Schiff oder Flugzeug zur Qual: Übelkeit und Schwindel vermiesen den Urlaubsbeginn. Man wird blass, kalter Schweiß bricht aus und man muss sich vielleicht sogar übergeben. Das sind typische Zeichen einer Reisekrankheit.

Es gibt viele Tipps zur Vorbeugung – zum Beispiel den Genuss von Alkohol und allzu schwerem Essen einen Tag vor der Abreise zu meiden, aber auch nicht mit leerem Magen zu starten, beim Auto fahren für viel frische Luft zu sorgen und häufig Pausen einzulegen. Manchmal reicht dies alles jedoch nicht aus. Zuverlässiger lässt sich Reiseübelkeit durch Arz­neimittel vorbeugen.
Bei den rezeptfreien Mitteln gegen Reisekrankheit handelt es sich meist um Antihistaminika, die auch bei Allergien nützlich sein können und sogar als Schlafmittel dienen. Letzteres deutet auf eine Nebenwirkung hin, die problematisch sein kann: Müdigkeit! Für den Autofahrer eignen sich diese Mittel nicht, denn sie können die Aufmerksamkeit und das Reaktionsvermögen beträchtlich einschränken.

Wirksam und preiswert ist das Antihistaminikum Diphenhy­dramin (Emesan®), das bereits seit mehr als 50 Jahren gegen Reiseübelkeit angeboten wird.

Die meisten der rezeptfreien Mittel gegen Reisekrankheit enthalten jedoch Dimenhy­drinat. Dabei handelt es sich um eine Verbindung aus dem Antihistaminikum Diphenhy­dramin und Chlortheophyllin. Die zweite Substanz ist mit dem Koffein verwandt und hat keinen Einfluss auf die Reisekrankheit. Theoretisch könnte sie die müde machende Wirkung des Antihistaminikums mindern. In der Praxis klappt dies allerdings nicht: Chlor­theo­phyllin wirkt hierfür zu wenig stimulierend, ist also überflüssig und verteuert die Produkte. Obwohl Präparate mit Dimenhydrinat wegen des Gehaltes an Diphenhydramin wirksam sind, stufen wir sie daher als ungünstigere Wahl ein. Zwei Tablet­ten mit je 50 mg Dimenhydrinat enthalten in etwa die gleiche Menge des Wirkstoffes Diphenhydramin wie eine 50 mg Tablette Emesan®. Der Nutzen des bisweilen pro­pa­gierten Ingwerpulvers (Zintona®) zur Vor­beugung einer Reisekrankheit ist unzureichend ge­sichert. Weitere Studien sind erforderlich. Andere Präparate wie beispielsweise Scopolamin-haltige Pflaster (Scopoderm® TTS) sind wegen möglicher Nebenwirkungen wie Halluzi­nationen und Verwirrtheit verschreibungspflichtig. Das Pflaster bleibt zwar drei Tage lang wirksam, kann jedoch, wenn es nach Ende der Hin- oder Rückreise entfernt wird, Reisekrankheit-ähnliche  Symptome auslösen.

Zur Tabelle

In der folgenden Tabelle vergleichen wir die Kosten für die rezeptfreien Antihistaminika vom Typ Diphenhydramin und Dimenhydrinat (kein Anspruch auf Vollständigkeit). Oft braucht man von dem Diphenhydramin-Präparat Emesan® zwei Tabletten zu 50 mg am Tag. Die gleiche Wirkung erzielen zweimal täglich 100 mg Dimenhydrinat. Damit sind Dimenhydrinat-Präparate doppelt bis sechsfach so teuer wie Emesan®. Da Emesan® nicht in einer kleinen Packung zu zehn Tabletten angeboten wird, ist jedoch bezogen auf den Packungspreis ein Dimenhydrinat-Präparat wie Apovital Reise® billiger als Emesan®. Es hängt also auch vom aktuellen Bedarf ab (also der Zahl der Fahrtage und Zahl der Betroffenen), welches Präparat am günstigsten ist.

PDF-Download

– Gute Pillen – Schlechte Pillen 03/2006 / S.05