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© ananaline/iStock

Medizinische Apps: Vorsicht tut Not

Sie sind so praktisch, diese Smart­phone-Applikationen – kurz Apps – zum Messen von Herzfrequenz, Schritten oder Schlafgewohnheiten. Manche sind bereits auf dem Gerät installiert, andere lädt man sich aus dem Web herunter. Sogenannte Gesundheits-Apps zielen eher auf den optimierten Lebensstil ab, Medizin-Apps richten sich an Patienten und Angehörige, sollen ihr Wissen um eine Krankheit verbessern und etwa die „Selbstbefähigung“ chronisch Kranker fördern. Außerdem gibt es Apps, die sich direkt an Ärzte, Pflegekräfte und andere Heilberufe wenden.

So weit, so gut. Oder doch nicht? Die Zeitschrift „Arzneiverordnung in der Praxis“ warnt: „Wir möchten auf die Gefahr hinweisen, dass finanzielle Interessen z.B. von pharmazeutischen Unternehmen und Herstellern von Medizinprodukten Apps beeinflussen und Vorschläge zum Umgang mit diesem Problem machen.“5 Und weiter: „Die Apps dürften überwiegend … mit der Absicht der direkten oder indirekten Gewinnerzielung entwickelt werden.“ Beispiele gefällig?

Zum ersten: Nutzer zahlen nicht (nur) mit Geld für eine App, sondern mit ihren persönlichen Daten, die weiter verkauft werden. Etwa so: In Australien konnten Patienten per App einen Arzttermin buchen. Dazu mussten sie ein paar Angaben machen und den allgemeinen Geschäftsbedingungen zustimmen.

Die Folge: Bei Verletzungen am Arbeitsplatz oder durch einen Verkehrsunfall landeten ihre Daten bei einer Rechtsanwaltkanzlei, die für Schadensersatzansprüche Mandanten suchte, damit gute Geschäfte machte und sich für die Vermittlung durch die App sicher erkenntlich zeigte.

Zum zweiten: Wenn es um Diagnose und Therapie geht, können die Anbieter bestimmte Verfahren oder Arzneistoffe hochloben. Auf diese Weise bekam ein neuer Blutgerinnungshemmer mehr Pluspunkte, als ihm zustanden. Und wer stand hinter der App? Der Pharmahersteller! Darum lohnt es zu prüfen, wer eine App gemacht oder finanziert hat, und wer dort Werbung geschaltet hat.
Gesundheits-Apps und medizinische Apps werden in Risikogruppen eingeteilt und wie Medizinprodukte geregelt. Bei Atemübungen sind die Kontrollmechanismen lockerer als bei einer App mit therapeutischen Vorschlägen. Doch im Web herrscht Wildwuchs, und Institutionen wie die Verbraucherzentralen fordern generell mehr Transparenz bei den Angeboten: Wer finanziert die App? Haben Autoren Interessenkonflikte? Durch welche Quellen sind die Aussagen belegt? Steht an prominenter Stelle, dass Daten weitergegeben werden? Und nicht zuletzt: Sind die Aussagen durch gute Studien belegt? Also bleiben Sie aufmerksam, wenn Sie eine medizinische App herunterladen. Dahinter stecken selten reine Wohltäter.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 03/2019 / S.15

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