Zum Inhalt springen
© Jörg Schaaber

Frühgeburt verhindern: Antibiotikum nutzlos

Normalerweise ist die Scheide (Vagina) vor allem mit „guten“ Milchsäurebakterien besiedelt. Manchmal breiten sich jedoch Bakterien aus, die das mikrobielle Gleichgewicht stören. Man spricht von einer bakteriellen Vaginose. Eine zu starke Vermehrung mit (bösen) Keimen, zum Beispiel Gardnerella vaginalis, erzeugen unangenehme Entzündungen der Schleimhaut von Scheide und Schamlippen. Für schwangere Frauen sind die nicht nur unangenehm, Wissenschaftler gehen sogar davon aus, dass diese Fehlbesiedlung zu einer Frühgeburt führen kann. Darum wird seit Jahren in solchen Situationen oft das Antibiotikum Clindamycin verordnet.

Allerdings ist die Studienlage widersprüchlich. Es gibt Belege dafür, dass die Frühgeburtenrate sinkt, aber ebenso Studien, die keinen positiven Effekt erkennen lassen. In Frankreich wurde daher eine große Studie gestartet, um die Wirksamkeit von Clindamycin bei einer nachgewiesenen bakteriellen Vaginose zu prüfen.3 Drei Behandlungsarten wurden in einer gut gemachten RCT-Studie mit über 3.000 Schwangeren verglichen:

  • Gruppe 1 nahm sofort und später noch dreimal Clindamycin ein,
  • Gruppe 2 verwendete ebenfalls sofort Clindamycin, danach aber nur noch Placebos und bei
  • Gruppe 3 waren die verordneten Tabletten immer Placebos.

Das Ergebnis ist eindeutig: Bei 1,2% der Frauen, die das Antibiotikum erhalten hatten,  starb das Kind im Mutterleib oder kam deutlich zu früh zur Welt (bereits in der 22. bis 32. Schwangerschaftswoche).  Aber von den Schwangeren, die immer nur ein Placebo eingenommen hatten (Gruppe 3), waren mit 1% sogar weniger betroffen. Auch hinsichtlich der unerwünschten Wirkungen war es Frauen in der Placebogruppe besser ergangen. Weil die Studie keinerlei Vorteil für die Antibiotikatherapie er­gab, erscheint eine Clindamycin-Behandlung bei Schwangeren mit bakterieller Vaginose nicht sinnvoll. Medizinische Fachgesellschaften in Dänemark, Kanada und den USA raten davon bereits ab.

PDF-Download

– Gute Pillen – Schlechte Pillen 01/2019 / S.14