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Das Grüne Rezept als Werbetrick

Die abgebildeten Anzeigen richten sich nur an Ärztinnen und Ärzte. Unübersehbar ist der Hinweis auf das „Grüne Rezept“, das bis auf die Farbe aussieht wie ein Kassenrezept – aber von den Kassen nicht erstattet wird. Denn seit 2004 dürfen Krankenkassen rezeptfreie Arzneimittel nur noch ausnahmsweise erstatten – beispielsweise bei schweren Erkrankungen. In der Folge empfahlen Ärzte seltener rezeptfreie Präparate. Der Verband der Hersteller rezeptfreier Medikamente (BAH) reagierte und erfand das Grüne Rezept, um den Umsatz wieder zu steigern. Ein für die Firmen erfolgreicher Marketing-Trick: „Der gemessene Verordnungszuwachs auf Grünem Rezept … belegt, dass das BAH-Projekt die Ärzte als die direkten Adressaten erreicht hat.“1 An zwei Beispielen zeigen wir, wie zweifelhaft Medikamente auf dem „Grünen Rezept“ sein können.

Zwei Beispiele für Medikamente auf dem "Grünen Rezept"

  • Präzise? Es ist zweifelhaft, ob Ibuprofen als Salbe gegen Schmerzen deutlich besser hilft, als eine Salbe mit Scheinmedikament.
  • Überzeugende Wirksamkeit? Der Nutzen von Chinin bei Wadenkrämpfen ist bestenfalls bescheiden. (GPSP 4/2010, S. 4)
  • Exzellente Datenlage? Die US-Zulassungsbehörde FDA warnt wegen teilweise tödlich verlaufender Komplikationen nachdrücklich vor der Einnahme von Chinin bei Wadenkrämpfen. (GPSP 3/2011, S. 11)
  • Ihre Verordnung? Empfehlungsstark? Unübersehbar werden Ärzte auf das Grüne Rezept gelenkt. Die Rezept-Formulare verschickt der BAH kostenlos und seitdem klingeln die Kassen für die Hersteller wieder.

Werbung lenkt Ärzte gezielt auf das Grüne Rezept. Den Patienten gaukelt das Grüne Rezept vor, die darauf notierten Mittel seien verordnet und genauso wichtig wie erstattungsfähige Mittel. Die Zeche zahlen Sie als Patient: Sie geben Geld aus für Medikamente, die oft zu Recht nicht auf Kassenrezept verordnet werden dürfen. Bei Grünen Rezepten lohnt es sich, noch einmal genau nachzufragen, ob es sich wirklich um ein Präparat handelt, das Ihnen nützt. Übrigens: Grüne Rezepte sind nur eine ärztliche Empfehlung. Sie selbst entscheiden immer, was Sie kaufen – oder nicht.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 04/2011 / S.16