Wohl bekomms
Sicher wollen Sie endlich mal Buffalo Würmer gefriergetrocknet knabbern, oder Grashüpfer oder Mehlwürmer.1 Voll superguter Inhaltsstoffe und echt verführerisch sind definitiv Snacks von Apéro aus „100 essbaren Insekten in den Geschmacksrichtungen Barbecue und Gartenparty“. Und die kleinen Tierchen wurden sogar mit echt Bio gefüttert. Das gibt’s nicht überall, gibt’s aber zum Beispiel bei Amazon. Denn das Internet macht ausländischen Anbietern leicht, was in Deutschland bisher schwierig war oder gar nicht ging: Alle möglichen Insekten als Lebensmittel zu verkaufen.
Das lag sicher wieder an unseren pingeligen Behörden, die erstmal diskutieren, wo gesundheitliche Probleme stecken könnten.2 Mittlerweile ist die Sache auf EU-Ebene klar, denn seit Jahresbeginn gilt eine neue Verordnung für neuartige Lebensmittel aus der Rubrik Krabbeltiere. Demnach soll die EFSA, also die oberste Lebensmittelkontrollbehörde der EU, künftig das neue Menschenfutter für alle EU-Nationen bewerten und zulassen.3 Und wenn sie ihr Okay gegeben hat, dann ist die Insektenknabberei künftig grenzenlos. Keiner muss sich noch bei Onlinehändlern bedienen oder „nach Holland“ oder Belgien jetten, um dort coole Insektensnacks abzuholen oder einen Burger aus Buffalo Würmern zu futtern. Denn unsere Nachbarn waren mal wieder großzügiger und uns einen Schritt voraus.
Sollte Ihnen allerdings eine geröstete Grille im Hals stecken bleiben oder dieser sogar urplötzlich anschwellen, dann haben Sie ein Problem und reagieren vermutlich allergisch auf die für Mitteleuropäer fremden Proteine des Krabbeltieres. Solche Überraschungen kennen wir noch von der Kiwi, die als neue Frucht ebenfalls so manchen zum Allergiker gemacht hat.
Muss nun, wer Insektengerichte auftischt oder futtert, immer Antiallergika griffbereit haben? Oder vorsorglich ein Anti-Schock-Besteck vorhalten? Und wer kommt eigentlich vor den Kadi, wenn solche Lebensmittel unerlaubt – und ohne Plazet der EFSA – verhökert werden?
Knifflige Fragen, auf die Amazon seine ganz eigene Antwort hat. Da das Unternehmen nicht der Hersteller ist, geht das so: „Wir empfehlen Ihnen daher, sich nicht allein auf die Angaben zu verlassen, die auf unserer Internetseite angezeigt werden, sondern sich vor Gebrauch der Ware stets auch sorgfältig die Etiketten, Warnhinweise und Anleitungen durchzulesen, die mit der Ware geliefert werden. Bitte nehmen Sie nachfolgend auch unseren vollständigen Haftungsausschluss zur Kenntnis.“4
Also: Erst lesen. Dann essen. So sind Sie sicher auf der sicheren Seite … und Kochbücher zum neuen Hype gibt es auch schon.5
Stand: 3. Mai 2018 – Gute Pillen – Schlechte Pillen 03/2018 / S.18