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Das ist Spitze!

Welch ein Segen, endlich können wir uns gegen eine extrem bösartige Erkrankung versichern: den Krebs. Perfekt! Nicht nur die Deutsche KrebsVersicherung,1 die sich der „Münchener Verein“ ausgedacht hat, will auf diese Art und Weise unser Leben sicherer machen, auch die Advigon mit Firmensitz in Vaduz beglückt uns mit einer Zusatzversicherung gegen Krebs.2

Und obwohl es nun versicherungsmäßig pauschal gegen den Krebs geht, ist da gar nix pauschal. Bei den Münchenern kann man wählen, was der Krebsschutz so alles einschließen soll, und auch der Ableger der Hamburger HanseMerkur im schönen Liechtenstein ermöglicht, zwischen verschiedenen Tarifen zu wählen und die Police durch Module zu erweitern.

Mit anderen Worten: Wir sind endlich auf Nummer sicher. Jedenfalls fast. Denn leider gibt es noch keine Garantie auf Nicht-Krebs. Aber ehrlich, welcher Mitdreißiger – nur mal so als Beispiel – will etwa keine 40 € im Monat investieren, um sich ein „Krebs-SCHUTZ“-Paket zu gönnen. Das enthält alles Mögliche, was so an Diagnostik- und Therapieoptionen im Angebot ist. Vor allem „Spitzenmedizin“, wie es die Advigon Werbung verspricht.3

Vielleicht hätte der legendäre Hans Rosenthal sich dafür in die Luft geschraubt und uns zugerufen „Das ist Spitze!“4 Vielleicht aber auch nicht. Jedenfalls ist es doch nur fair, dass die Spitzenmedizin nicht mehr allein den Spitzenverdienern zu Gute kommt. Jeder, der ein bisschen draufzahlt, kann per kostbarer Versicherungspolice eben mehr kriegen als der Durchschnitt.

Im Warenkorb: Zum Beispiel solche IGeL, die gesetzliche Krankenkassen nicht erstatten wollen – weil der Nutzen nicht gut belegt ist. (GPSP 6/2011, S. 3 und S. 14 in diesem Heft) Oder ein Haut(krebs)-Screening schon ab 15 Jahren statt erst ab 35 Jahren – wobei weltweit diese Kontrolle der Haut übrigens nur in Deutschland üblich ist. Und obendrauf gibt’s also noch Spitzenmedizin. Der Advigon zufolge sind das vor allem Therapien, bei denen noch Forschungsbedarf besteht, und Therapien, die nicht im Zusammenhang mit einer akuten Krebserkrankung stehen.5 Ach, wir zahlen doch gerne für eine Karriere als Versuchskaninchen.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 05/2016 / S.20