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Budenzauber

Für die kalte Jahreszeit hatten sich die Werbelümmel vom Zigarettenhändler Reemtsma etwas Feines ausgedacht: eine imposante mobile Litfaßsäule. Oben wird für klassische Gauloises aus dem Land der Gallier geworben und unten gibt es für die ewig Hungrigen unter uns frische französische Crêpes. Was auch sonst! Seine Bewährungsprobe hatte das Ensemble in Nürnberg. Dort, wo junge Studies und Schüler unterwegs sind – vor einer Hochschule und mit einer Schamgrenze zur nächsten Grundschule.1

Das war ein pfiffiges Konzept und ganz im Sinne von „Liberté toujours“.2 Denn wie sonst sollen Tabak-unerfahrene Jugendliche auf den Geschmack von Rauchwaren kommen, wenn Zigarettenwerbung fast überall verboten ist. Und, mal betriebswirtschaftlich gedacht: Gehen einem die jungen Leute nicht rechtzeitig an die Angel – besser gesagt an den Glimmstängel –, sind sie als lebenslange Tabakkonsumenten perdu.3 Insofern verständlich, dass die Tabakverkäufer von Reemtsma aus ihrer mobilen Litfaßsäule heraus noch eine zweite Angel ausgeworfen hatten: Anmeldung zu einem Wettbewerb. Ja, so lockt man die in Pausen herumlungernden Jugendlichen an.

Die bezaubernde multifunktionelle Litfaßsäule löste indes nicht bei allen Nürnbergern Begeisterung aus. Eine sicher sehr brave Studentin, die ihren Hunger wohl nicht mit Crêpes stillt, hat sich glatt beim Oberbürgermeister der Lebkuchenstadt beschwert und dann noch das genussfeindliche „forum rauchfrei“4 gegen Reemtsma aufgehetzt. Und nun haben wir den Salat: Der ganze Budenzauber ist verschwunden.

Ohne an die hungrigen Studies zu denken, hat sich Reemtsma aus dem Staub gemacht! Ohne zu kommunizieren, wo die mobile Crêperie nun geparkt ist! Und der Nürnberger Oberbürgermeister bewies wenig Sinn für französische Spezialitäten, aber einigen Weitblick: „Neue Genehmigungen derartiger Veranstaltungen wird die Stadt Nürnberg nicht mehr erteilen.“

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 01/2013 / S.22