Brustimplantate: Geschädigte Frauen schauen in die Röhre
Erinnern Sie sich noch? Vor einigen Jahren flog der Pfusch der französischen Firma PIP auf: Sie hatte für Brustimplantate Industriesilikon benutzt, das nicht für medizinische Zwecke verwendet werden darf. Das fiel lange nicht auf, denn der TÜV Rheinland, der die Firma überprüfte, kündigte seine Kontrollen vorher an. In der Folge wurden viele Frauen geschädigt, allen wurde empfohlen, die Implantate sicherheitshalber entfernen zu lassen (GPSP 4/2012, S. 6). Durch die vielen Schadensersatzforderungen ging die Firma pleite. Für Frauen, die in Frankreich operiert worden waren, sprang eine Haftpflichtversicherung ein. Eine der 5.000 bis 6.000 betroffenen Frauen in Deutschland hatte in Frankreich auf Schadensersatz geklagt und scheiterte jetzt endgültig vor dem Europäischen Gerichtshof.1 Begründung: Medizinprodukte-Hersteller sind in Frankreich durch nationales Recht gesetzlich verpflichtet, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen, eine EU-weite Regelung gibt es aber nicht. Deshalb bekommen Frauen, die in anderen Ländern operiert wurden, nichts von der Versicherung.
Trotz dieser Vorfälle sieht auch die Medizinprodukteverordnung der EU von 2017 keine Pflicht zur Versicherung der Hersteller vor – ein bleibender Skandal. Genauso wie die weiterhin schwache Regulierung von Medizinprodukten, die weit hinter den Anforderungen für Arzneimittel zurückbleibt. Und das, obwohl implantierbare Medizinprodukte erheblichen Schaden anrichten können.
Übrigens: Der TÜV-Rheinland wurde schon vor einiger Zeit durch den Bundesgerichtshof von der Verantwortung freigesprochen. Er hätte nur dann unangemeldet prüfen müssen, wenn es bereits konkrete Indizien für Mängel gegeben hätte. Versteh einer die Welt.
Stand: 1. Juli 2020 – Gute Pillen – Schlechte Pillen 04/2020 / S.03