Zu viel Angst
Gegenmaßnahmen verständlich gemacht
Einige Menschen haben extreme Angst (Phobien) vor bestimmten Tieren oder Situationen, etwa vor Schlangen oder Spinnen oder vor dem Fliegen. Andere „sterben vor Angst“, wenn sie sich zu Wort melden wollen (soziale Phobie), leiden unter Panikattacken oder werden urplötzlich von Angstgefühlen überflutet (generalisierte Angststörung). Wodurch solche belastenden Ängste entstehen können, wie man sie diagnostizieren und behandeln kann, erörtert ein neuer Ratgeber der Stiftung Warentest. Das Autorenehepaar erklärt nicht nur, welche Rolle Psycho- und Verhaltenstherapie, Medikamente und andere Behandlungsmöglichkeiten spielen, sie helfen auch zu verstehen, auf welche Weise die jeweiligen Verfahren wirksam werden können. Und sie betonen, dass Hilfe möglich ist.
Andererseits legen die beiden psychiatrisch, neurologisch und psychotherapeutisch erfahrenen Autoren darauf Wert, dass nicht jedes Angstgefühl als krankhaft bezeichnet wird. Ausschlaggebend sind hoher Leidensdruck, starke Einschränkungen im Alltag und körperliche Beschwerden wie Schwindel oder Herzrasen.
Angst zu empfinden, ist Teil der menschlichen Natur und ein – auch sinnvolles – Produkt der Evolution. Darauf macht der Ratgeber in einem eignen Kapitel „Wir brauchen Angst“ aufmerksam. Wenn der flüchtende Hase Haken schlägt, um seinem Verfolger zu entkommen, oder der Fußgänger vor dem heranrasenden Auto zurückschreckt, macht das biologisch Sinn. Dass aber die Autoren die Angst vor Prüfungen oder Arbeitslosigkeit als sinnvolle Antriebsfeder betrachten, ohne dies zu hinterfragen, ist diskussionswürdig. Mit dem biologischen Nutzen von Angstempfinden hat das nicht viel zu tun. Vermutlich ist ein praxisnaher Ratgeber damit überfordert zu fragen, was denn das für eine Gesellschaft ist, in der so viele Menschen unter Ängsten leiden – und was mögliche Gründe sind.
Eine verständliche Sprache und viele konkrete Beispiele machen den Ratgeber gut lesbar. Er ist so gegliedert, dass Leserin und Leser rasch zum eigenen Problem vorstoßen können. Dabei finden sie in einem eigenen Kapitel und unter den verschiedenen Angstformen auch jeweils Antwort auf die Frage: „Was kann ich selbst tun?“
Angst ist ein schillernder Begriff und wie Angststörungen entstehen, ist noch längst nicht vollständig geklärt. Aber wer unter zu viel Angst leidet, sollte und kann mit Unterstützung etwas dagegen tun.
Stand: 1. April 2010 – Gute Pillen – Schlechte Pillen 02/2010 / S.14