Anders als erwartet
Grüner Tee blockt Krebsmedikament
Die Zahl der Anhänger von Grünem Tee nimmt zu – wahrscheinlich weil er schmeckt und Abwechslung in den Getränkealltag bringt. Da Grüner Tee Antioxidanzien enthält, werden ihm auch vielfältige gesundheitsfördernde Wirkungen zugeschrieben, beispielsweise für Krebskranke. Aber auch das Gegenteil könnte der Fall sein.
Grüner Tee enthält Antioxidanzien, die im Tierversuch Krebszellen beeinflussen. Einer dieser Bestandteile ist Epigallokatechingallat (EGCG), von dem man sich erhofft hat, dass er – und damit Grüner Tee – die Wirkung einer Krebstherapie unterstützen kann.
US-amerikanische Forscher haben in Reagenzglasversuchen und bei Mäusen geprüft, ob Bestandteile des Grünen Tees tatsächlich den Nutzen des Krebsmedikaments Bortezomib (Velcade®) verstärken können.1 Zu ihrer großen Überraschung trat das Gegenteil ein: Die Teeinhaltsstoffe blockierten die Wirkungen des Krebsmittels, sodass fast alle Tumorzellen intakt blieben.
Die Autoren warnen Krebskranke, die mit Bortezomib behandelt werden, Grünen Tee zu trinken (der übrigens fünfmal mehr EGCG enthält als Schwarzer Tee) oder Produkte aus Grünem Tee einzunehmen. Regelmäßiger Teegenuss oder täglich zwei bis drei Kapseln mit 250 mg Grünen Tee kann schon ungünstig sein. Und auch das ist bedenklich: Hat ein Krebskranker das Gefühl, Bortezomid besser zu vertragen, wenn er Grünen Tee trinkt, ist das womöglich ein Zeichen dafür, dass das Krebsmittel weniger wirksam ist. Grüner Tee blockiert nicht generell alle Krebsmedikamente, sondern nur bestimmte. Ob EGCG in anderen Situationen bei Krebs nützlich sein kann, wird in weiteren Studien geprüft.
Die aktuell veröffentlichte Untersuchung mit EGCG und Bortezomib hat jedoch erneut deutlich gemacht, dass aus einzelnen experimentellen Befunden zu Antioxidanzien nicht automatisch auf einen tatsächlich vorhandenen Nutzen für Menschen geschlossen werden darf (vgl. GPSP 1/2009, S. 3-4). Und auch das wäre ein Fehlschluss: Grünen Tee grundsätzlich aus der Kanne zu verbannen. Vorsicht ist aber im Falle einer Krebstherapie geboten.
Stand: 1. Dezember 2009 – Gute Pillen – Schlechte Pillen 06/2009 / S.14