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Zeckenbiss -was tun?

Mit dem Frühjahr kommen die Zecken, besonders nach einem warmen Winter. Viele Menschen haben Angst vor den kleinen Saugern. Den Biss spürt man allerdings kaum, die Angst gilt vielmehr der Übertragung von Krankheiten. Aber man kann sich schützen.

Es gibt viele Gerüchte über Zecken – und viele sind falsch. So stürzen sich Zecken nicht von Bäumen auf ihre Opfer, sondern sie leben in hohem Gras und Büschen und werden beim Vorbeigehen abgestreift. Sie suchen sich eine geeignete Stelle auf der Haut, beißen zu und saugen sich voll Blut. Wenn die Zecke mit Krankheitserregern infiziert ist, können diese während des Saugens über den Speichel des Insekts in das Blut des „Opfers“ übertragen werden. Die häufigsten von Schildzecken (Gemeiner Holzbock) übertragenen Krankheitserreger sind Bakterien – so genannte Borrelien – und deutlich seltener das Virus, das die Frühsommer-Hirnhautentzündung (FSME) auslöst.

Wie schützt man sich?

Insekten-abwehrende Lösun­gen oder Sprays bieten einen gewissen Schutz, können einen Zeckenbiss aber nicht ausreichend lange und sicher verhindern.1 Daher muss nach längerem Aufenthalt im Grünen der ganze Körper nach Zecken abgesucht werden. Ist nämlich eine Zecke zunächst auf bloßer Haut „gelandet“, kann sie unter der Kleidung weiterwandern.

Findet man eine saugende Zecke am Körper, sollte sie so schnell wie möglich entfernt werden. Je länger sie saugt, desto größer ist die Gefahr, dass Krankheitserreger ins Blut gelangen. Fassen Sie den Kopf mit einer geeigneten Pinzette und ziehen Sie den Saugrüssel aus der Haut. Dabei sollte man den Leib der Zecke nicht quetschen, da man sonst Krankheitserreger ins Blut drücken könnte. Eine Beträufeln der Zecke mit Öl oder Klebstoff hat den gleichen Nachteil: Die Zecke verkrampft sich. Als Folge presst sie vermehrt Speichel und auch Inhalt des Verdauungstraktes in das Blut des gebissenen Menschen und damit möglicherweise auch Krankheitserreger. Ist keine Pinzette zur Hand, können Sie auch vorsichtig die Fingernägel benutzen oder einen dünnen Faden um den Kopf der Zecke schlingen und daran ziehen.2 Die Saugwerkzeuge der Zecke haben kein Gewinde! Man muss den Kopf beim Entfernen also nicht nach rechts oder links drehen. Wenn die Zecke komplett entfernt ist, sollte man die Hautstelle mit einem Hautdesinfektionsmittel betupfen.

FSME

An Frühsommer-Hirnhautentzündung (FSME) erkranken in Deutschland etwa 400 Menschen pro Jahr3, durchschnittlich stirbt einer von hundert Betroffenen. Die zunächst grippeähnlichen Krankheitszeichen der FSME beginnen etwa zehn Tage nach dem Biss, bessern sich zunächst und flackern dann mit heftigen Kopfschmerzen, Fieber und meist schwerem allgemeinen Krankheitsgefühl wieder auf.

Eine spezifische Behandlung dieser gefährlichen Hirnhautentzündung gibt es nicht. Wenn man in ­Risikogebieten wohnt und sich gern im Freien aufhält oder berufsbedingt aufhalten muss, kann es sinnvoll sein, sich und seine Kinder impfen zu lassen. Gebiete in Deutschland mit bekanntem Risiko sind Bayern, Baden-Württemberg sowie einzelne Krei­se in Hessen, Rheinland-Pfalz und Thü­ringen.

Das Robert-Koch-Institut bietet eine Übersichtskarte.3 Mit dem Hausarzt muss besprochen werden, ob eine Impfung für Sie
sinnvoll ist und welche Nebenwirkungen möglich sind (vor allem Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, sehr selten aber auch Erkrankungen des Nervensystems wie Lähmungen). Eine FSME-Impfung nach einem Zeckenbiss ist wahrscheinlich wirkungslos.

Borreliose

Die Lyme-Borreliose4 ist mit jährlich 60.000 Erkrankungen in Deutschland viel häufiger als FSME.5 Im Gegensatz zu FSME können die Zecken Borreliose in fast allen Regionen Europas unterhalb von 1.000 m Höhe übertragen, in Deutschland temperaturbedingt hauptsächlich Anfang März bis Ende Oktober. Erster Hinweis kann eine Rötung im Bereich des Zeckenbisses sein. Geht die Rötung im Verlauf von 1-2 Tagen zurück, ist alles in Ordnung. Wenn sich die Rötung jedoch ausbreitet, an anderen Körperstellen rote Flecken oder Schwellungen auftauchen (so genannte Wanderröte) oder wenn man sich insgesamt krank und schlapp fühlt wie bei einer Grippe, besteht der Verdacht auf eine Borrelien-Infektion. Erste Krankheitszeichen können bis zu drei Wochen nach dem Biss auftreten.

Wenn Sie zum Arzt gehen, wird er nach der Vorgeschichte (Zeckenbiss) und den Krankheitszeichen fragen und den Verdacht mit Hilfe von Laboruntersuchungen prüfen (z.B. Nachweis von Antikörpern gegen Borrelien im Blut). Ist die Diagnose gesichert, wird mit Antibiotika behandelt. Meist wird das Tetrazyklin Doxycyclin verordnet, gelegentlich ein Penicillin oder – in späteren Krankheitsstadien – ein Cepha­losporin. Diese Therapie ist meist erfolgreich.2,6

Ohne wirksame Behandlung kann die Erkrankung fortschreiten. Es können im zweiten Stadium Entzündungen an Gelenken, Herz und Nervensystem auftreten. Schließlich gibt es in einem dritten Stadium chronisch verlaufende Gelenk-, Nerven- und Hauterkrankungen. Das klingt dramatisch. Trotzdem ist nach einem Zeckenbiss keine Panik angebracht. Die meisten Zecken sind nicht mit Borrelien und erst recht nicht mit dem FSME-Virus infiziert.

Biss mit Spätfolgen?

Trotz ausreichender Therapie verspüren einige Menschen längere Zeit meist diffuse Beschwerden wie Schmerzen, Müdigkeit und Schlappheit. Sie erhoffen sich oft Linderung von einer erneuten Behandlung mit Antibiotika. Mehrere Studien lassen jedoch erkennen, dass dies nicht sinnvoll ist.7 In einer größeren Untersuchung wurden die genannten Symptome bei Personen erfasst, die eine Borreliose durchgemacht hatten, und bei Menschen gleichen Alters, die noch nie an einer Borreliose erkrankt waren. Es gab keinen Unterschied – was bedeutet, dass die Symptome unabhängig von einer durchgemachten Borreliose sein können. Zwei weitere Studien lassen erkennen, dass auch eine verlängerte Antibiotika-Therapie die Symptome nicht bessert. Die nutzlose intensive Behandlung mit Antibiotika hat jedoch bei einigen der Behandelten zu schweren Nebenwirkungen bis hin zum Tod geführt.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 02/2007 / S.01