Starke Worte – wenig Beweise
Pflanzliche Medikamente gelten als „sanft“. Dann muss es doch besonders gut sein, wenn sie auch noch „stark“ sind. Leider ist die Annahme, dass pflanzliche Medikamente wirken müssen, weil sie (zum Teil) schon lange angewendet werden, trügerisch. Viele Arzneimittel mit pflanzlichem Ursprung , die heute angeboten werden, haben durch Weiterverarbeitung und Isolierung bestimmter Bestandteile ohnehin nicht mehr viel mit der ursprünglichen „traditionellen“ Anwendung zu tun. Aber ganz gleich, ob Arzneimittel natürlichen oder synthetischen Ursprungs sind, wir legen an alle die gleiche Messlatte an: Ihre Wirksamkeit muss wissenschaftlich bewiesen sein. Wie Werbeanzeigen „Belege“ vorgaukeln können, verdeutlicht die Anzeige für Soledum® Kapseln mit dem Inhaltsstoff Cineol, dem Hauptbestandteil von Eukalyptusöl.
- Starke Worte: Hier wird suggeriert, dass Soledum® das stärkste Erkältungsmittel ist. Eine doppelte Fehlinformation! Es gibt weder vergleichende Studien, die dies belegen, noch können Arzneimittel eine Erkältung heilen, sondern allenfalls einzelne Symptome lindern.
- Suggestive Farbwahl: Grün steht für natürlich und „gut verträglich“, aber auch Soledum® hat Nebenwirkungen.
- Starker Beweis? Das Mittel ist bei chronischen Atemwegserkrankungen nur als Zusatztherapie erlaubt.
- Große Lettern statt großer Wirkung: Überzeugende Belege für die Wirksamkeit fehlen bisher.
Cineol soll das Abhusten von Bronchialschleim erleichtern. Die Anzeige für das Cineol-Produkt Soledum® suggeriert einen Vorteil gegenüber Konkurrenzprodukten. Dies erscheint uns aus der Luft gegriffen. Der therapeutische Nutzen ist unseres Erachtens weder für Erkältungen noch für Bronchitis hinreichend belegt. Die Werbung bezeichnet das Mittel als „einzigartig“, weil es nicht nur gegen „‚normale‘ Erkältung“, sondern „auch bei ernsthaften Atembeschwerden mit Erfolg eingesetzt“ werde. Aber an der Behauptung ist nicht viel dran.1 Eine vom Hersteller von Soledum®, cassela med, finanzierte und als Beleg angeführte Studie2 ist nicht überzeugend, z.B. wurden nur Raucher untersucht. Für Expektoranzien, also für Mittel, die das Abhusten erleichtern sollen, fehlen insgesamt zuverlässige Wirksamkeitsbelege.3
Stand: 1. April 2010 – Gute Pillen – Schlechte Pillen 02/2010 / S.16