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Ohne Nutzen: Blutdrucksenkung per Nervendurchtrennung

Seit 2009 sind in Deutschland vermutlich über 10.000 Eingriffe vorgenommen worden, bei denen Nervenfasern in den Nierenarterien mittels Katheter durchtrennt werden. Das soll bei Personen mit Hochdruck nachhaltig den Blutdruck senken, sofern andere Therapien nicht geholfen haben.

Das Verfahren (renale Sympathikusdenervierung) wird besonders in Europa eingesetzt, obwohl sein Nutzen schlecht belegt ist. Nach europäischem Recht reicht es, wenn die technische Sicherheit des verwendeten Katheters geprüft ist – das kann zum Beispiel der TÜV machen.

Die US-Gesundheitsbehörde FDA hat hingegen für die Zulassung des Eingriffs Studien verlangt, die den Nutzen belegen. Eine US-amerikanische Studie, in der Hochdruckpatienten mit echtem und scheinbarem Eingriff 1 behandelt wurden – ohne dass die Patienten wussten, zu welcher Gruppe sie gehörten – wurde gerade veröffentlicht. Die Studienergebnisse sprechen gegen den Eingriff: Sie können einen Nutzen bei Bluthochdruck, der sich durch andere Therapien nicht ausreichend senken lässt, nicht belegen.2,3

Alarmierend ist dieses Ergebnis noch aus einem anderen Grund: Nach einer britischen Untersuchung nehmen 15% der Patienten und Patientinnen, bei denen die Blutdrucksenkung nicht gelingt, ihre Medikamente nicht regelmäßig und 10% schlucken die ihnen verordneten Mittel gar nicht.4 Bei einem Teil dieser Patienten war eine Nervendurchtrennung geplant. Von diesen hatten sogar 23% ihre Blutdrucksenker überhaupt nicht eingenommen. Vor einem so schwerwiegenden und möglicherweise nutzlosen Eingriff lohnt es sich also, erst einmal sorgfältig zu prüfen, ob der Patient seine Medikamente konsequent einnimmt.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 06/2014 / S.05