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© simonapilolla/iStockphotos.com

Mammografie: Je früher, desto besser?

Neue Studie zum Brustkrebs-Screening ab 40

Frauen sollten bereits ab 40 und nicht erst ab 50 regelmäßig am Mammografie-Screening teilnehmen, um Brustkrebs früh zu erkennen. Das suggeriert die Pressemitteilung zu neuen britischen Studienergebnissen. Doch sieht man genauer hin, ergibt sich ein etwas anderes Bild.

In Deutschland können Frauen zwischen 50 und 69 Jahren alle zwei Jahre am Mammografie-Screening zur Früherkennung von Brustkrebs teilnehmen (siehe Kasten). Ähnlich ist es derzeit beispielsweise in Großbritannien. Allerdings gibt es auch dort Diskussionen, ob es nicht besser wäre, bereits früher mit dem Screening zu beginnen – etwa ab einem Alter von 40 Jahren.

Uneindeutige Daten

Die bisher vorhandenen Studien2,3,4 für diese jüngere Altersgruppe geben jedoch keine klare Antwort: Es ist umstritten, ob das Mammografie-Screening zwischen 40 und 49 Jahren tatsächlich die Brustkrebs-Sterblichkeit senkt. So schätzen Fachleute, dass das Screening möglicherweise bei 4 von 10.000 Frauen den Tod durch Brustkrebs verhindert – ob das aber wirklich stimmt, ist statistisch nicht gesichert. Selbst im besten Fall wäre der Effekt also deutlich kleiner als bei Frauen ab 50.2 Allerdings scheinen Frauen in der jüngeren Altersgruppe ein höheres Risiko für falsch-positive Befunde zu haben – also für verdächtige Befunde, die sich bei der weiteren Abklärung als harmlos herausstellen, aber unnötige Untersuchungen auslösen.2 Wie häufig bei jüngeren Frauen Überdiagnosen sind (siehe Kasten), die unnötige Behandlungen mit sich bringen, lässt sich ebenfalls nicht sicher abschätzen. Bisher fehlt übrigens für alle Altersgruppen der Nachweis, dass das Mammografie-Screening tatsächlich Leben rettet, also die Gesamt-Sterblichkeit senkt – denn in den Studien starben insgesamt mit Früherkennung nicht weniger Frauen als ohne Früherkennung.2

International nicht einheitlich

Die Ergebnisse sind also nicht eindeutig. Da wundert es auch nicht, dass verschiedene Länder sehr unterschiedlich damit umgehen: So betont etwa die Empfehlung in den USA, dass Frauen zwischen 40 und 49 individuell Nutzen und Risiken auf der Basis ihrer Wünsche und Vorstellungen abwägen sollten.5 In Österreich wird das Mammografie-Screening regulär Frau-en ab 45 Jahren empfohlen, auf Wunsch können sie auch schon mit 40 Jahren daran teilnehmen.6

Neue Daten: Mehr Staub als Substanz

Mehr Aufschluss für jüngere Frauen erhoffte sich die Fachwelt von den Langzeitergebnissen einer britischen Studie7, die im Sommer 2020 veröffentlicht wurde. „Ein Brustkrebs-Screening für Frauen in ihren 40ern rettet Leben“, hieß es dazu in ei-ner Pressemitteilung.8

Diese Meldung hat eine Menge Staub aufgewirbelt. Verändert diese Studie aber die Bewertung des Mammografie-Screenings für jüngere Frauen? Kurz gesagt: Nein. Denn die Daten sind nicht so positiv und eindeutig, wie uns die Pressemitteilung glauben machen will.

Langfristige Untersuchung

Diese öffentlich finanzierte britische Studie mit mehr als 160.000 Teilnehmerinnen im Alter zwischen 39 und 41 Jahren startete bereits in den 1990er Jahren. Damals wurden Frauen nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen aufgeteilt: Die einen wurden eingeladen, jährlich bis zum Alter von 48 Jahren am Mammografie-Screening-Programm teilzunehmen. Für die anderen bestand diese Möglichkeit erst ab einem Alter von 50 Jahren im Rahmen des regulären britischen Programms. Auch über den eigentlichen Screening-Zeitraum hinaus wurde erfasst, ob Frauen starben und ob die Todesursache Brustkrebs war. Zu dieser Studie waren in den vergangenen Jahren mehrfach Zwischenergebnisse veröffentlicht worden. Die aktuelle Publikation enthält schließlich die endgültigen Daten für eine Nachbeobachtungszeit von 23 Jahren.

Das Ergebnis: Waren Frauen bereits im jüngeren Alter gescreent worden, starben rein rechnerisch 6 von 10.000 weniger an Brustkrebs als mit späterem Screening-Beginn. – Allerdings ist der Effekt nicht nur eher klein, sondern darüber hinaus statistisch auch nicht eindeutig gesichert. Wenn man alle Todesursachen betrachtet, starben gleich viele Frauen in der Gruppe Screening wie in der ohne Screening.

Weitere Fragen offen

Ob sich aus dem kleinen und unsicheren Nutzen tatsächlich belastbare Schlussfolgerungen ziehen lassen, ist aus weiteren Gründen unklar: So hat sich etwa die Technik der Mammografie in den letzten Jahrzehnten verändert – welche Ergebnisse eine solche Screening-Strategie mit der heutigen Technik hätte, lässt sich nicht vorhersagen. Außerdem haben sich seitdem die Behandlungsmöglichkeiten von Brustkrebs verbessert. – Das hat möglicherweise zur Folge, dass eine frühe Erkennung weniger Vorteile bringt als noch vor einigen Jahren oder Jahrzehnten.

Fazit

Näher betrachtet bleibt von der triumphierenden Pressemitteilung also nicht viel übrig. Damit fehlen nach wie vor belastbare Belege, dass ein Screening jüngerer Frauen mehr nützt als schadet. 

Krebs Früh­erkennung
GPSP 3/2017, S. 19

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 01/2021 / S.16