Kaffee-Träumerei
„Drei Tassen Kaffee täglich können das Leben verlängern“, verriet der Kurier aus Wien,1 und das ist doch äußerst praktisch. Nicht nur, weil der Österreicher samt Gemahlin an sich den Kaffee liebt, man denke nur an die vielen Kaffeehäuser und die prominenten Kaffeeröstereien. Nein, nicht nur das. Sondern es gibt gleich zwei neue Studien, die herausgetüftelt haben, dass wer ein paar Tässchen Kaffee am Tag trinkt ein paar Lebensjahre dazu gewinnt.2,3 Da waren sich die US-Amerikaner und die Europäer mal einig.
Höchst schade nur, dass keine der beiden Studien danach fragt, wie sich eine gute Portion Schlagobers auf die lebensverlängernden Effekte auswirkt und ob der Schuss Grappa, Cognac oder was auch immer eine Rolle spielt. Aber sei‘s drum. So eine Studie, wo viele hunderttausend Leute endlich mal Auskunft geben, wie viel Kaffee sie so üblicherweise trinken, kann ja nicht alles berücksichtigen.
Anderseits, es wäre schon reizvoll, zu wissen, ob die US-amerikanische Plörre4 genauso gut wirkt, wie der gute „Deutsche Kaffee“ oder ein ordentlicher Mokka in Athen. Aber da schweigt sich die Wissenschaft aus. Immerhin: Die Europäer mit ihrem Faible für Vielfalt haben durchaus berücksichtigt, dass der Kaffeebecher in den Niederlanden mächtiger ist als das Tässchen in Griechenland.
Dass Kaffeegenuss überhaupt lebensverlängernd wirkt, haben einige Besserwisser natürlich schon wieder bezweifelt.5 Die kritisieren nämlich, dass aus dem handfesten Zusammenhang: Kaffee trinken und geringeres Sterberisiko – also länger leben –, übertrieben viel geschlossen wird. Und sie meckern wie üblich, dass eine Korrelation eben noch lange kein Kausalzusammenhang ist. Mal zugespitzt: Sind die vielen Störche in einem Dorf an der Elbe wirklich der Grund dafür, dass dort besonders viele Babys das Licht der Welt erblicken?
Immer diese Kritik: Ist doch toll, wenn die Leute wenigstens einmal in ihrem Leben gefragt wurden, wieviel Kaffee sie trinken und dabei herauskommt, dass die Kaffeefans bessere Chancen hatten, die nächsten 16 Jahre zu überleben als die Kaffeeabstinenzler. Das ergab sich sogar unabhängig davon, ob sie in dieser Zeit ihren Lebensstil geändert und sich vom Kaffeeliebhaber zum Kaffeeverächter gewandelten hatten – oder umgekehrt. Sagen wir es mal so: Das wurde gar nicht berücksichtigt, was nun irgendwie doch verwundert.
Was sagen eigentlich die Teetrinker dazu?
Stand: 30. August 2017 – Gute Pillen – Schlechte Pillen 05/2017 / S.18