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© Jörg Schaaber

Bestseller Nr. 9 + 10: ASS-Ratiopharm® und Aspirin®

Sieben der zehn meist verkauften Arzneimittel lindern Schmerzen. ASS-Ratiopharm® und Aspirin® stehen auf Rang 9 und 10 der Arzneimittelbestsellerliste. Von ihnen wurden gut zehn beziehungsweise neun Millionen Packungen im Jahr 2011 in deutschen Apotheken verkauft.

Der Wirkstoff Acetylsalicylsäure (ASS) lindert nicht nur Schmerzen und senkt Fieber. ASS hilft in niedriger Dosis – etwa 100 mg oder 300 mg pro Tag – auch nach einem Herzinfarkt oder Schlaganfall (Hirninsult), das Risiko erneuter Infarkte zu senken. Die Präparate ASS-Ratiopharm® und Aspirin® werden für beide Anwendungsbereiche angeboten, haben sich jedoch unterschiedlich stark durchgesetzt: Während bei Aspirin® die klassische Anwendung als Schmerzmittel dominiert – drei von vier Packungen (76%) werden dafür gekauft –, ist es bei ASS-Ratiopharm® umgekehrt. Hier dominieren die niedrigeren Dosierungen, die zur Vermeidung weiterer Schlaganfälle oder Herzinfarkte eingenommen werden. Vier von fünf der verkauften Packungen (79%) entfallen auf diese Erkrankungen.

Niedrig dosierte ASS wird als Thrombozytenaggregationshemmer eingesetzt. Dieser Begriff beschreibt den vorbeugenden Wirkmechanismus. ASS hemmt das Zusammenhaften und Verklumpen der Blutplättchen (Thrombozyten) und trägt dadurch dazu bei, das Risiko von Blutgerinnseln (Thromben) zu senken. ASS-Präparate kann man in der Apotheke ohne Rezept kaufen. Die Kosten rezeptfreier Arzneimittel übernehmen Krankenkassen in der Regel nicht.

Bei schweren Erkrankungen auf Rezept

Aber es gibt Ausnahmen, etwa wenn ASS in niedrigen Dosierungen (meist 100 mg) einen Patienten mit Herzinfarkt und Schlaganfall vor weiteren lebensbedrohlichen Attacken schützen soll. Oder wenn ASS als Schmerzmittel die Wirkung von Morphin und ähnlichen Schmerzmitteln bei schweren und schwersten Schmerzen unterstützen soll.

 

ASS nicht vor Operation

Sowohl bei Schmerzen als auch zur Hemmung der Thrombozytenaggregation ist ASS ein bewährtes und wichtiges Arzneimittel. Es gibt aber Situationen, in denen ASS schädlich ist. Beispielsweise soll sie – wegen ihrer hemmenden Wirkung auf die Verklumpung der Blutplättchen und damit auf die Blutgerinnung – nicht vor geplanten Operationen eingenommen werden. Für zahnärztliche Eingriffe gilt das ebenso wie auch für Schwangere, die binnen einer Woche mit der Geburt rechnen. Dadurch will man verhindern, dass es zu stärkeren Blutungen kommt. Eine gute schmerz- und fieberlindernde Alternative ist beispielsweise Paracetamol (GPSP 3/2012, Seite 5).

Magenprobleme

Unerwünschte Effekte hat ASS vor allem auf Magen und Darm. Häufigkeit und Schwere sind unterschiedlich, neben Druckgefühl und Schmerzen kommen auch Magenblutungen und Magengeschwüre vor. Sie sind dosisabhängig, können aber bisweilen bereits bei einer geringen Tagesdosis von 100 mg auftreten.

Sparen möglich

Tabletten mit 500 mg ASS sind mit acht bis zwölf Cent pro Stück preiswert. Aspirin® kostet mit 28 Cent bis dreieinhalb mal so viel. Für die Kautabletten Aspirin® direkt muss sogar bis zu achtfach mehr bezahlt werden (siehe Tabellen).

Dass Aspirin® dennoch so häufig gekauft wird – und dies seit Jahrzehnten – ist erstaunlich und Zeichen wirksamen Marketings. Denn Vorteile hat Aspirin® gegenüber preiswerteren ASS-Varianten nicht. Für den Produzenten Bayer ist das Präparat, das bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts im Handel ist, ein wahrer Goldesel. Auch unter den niedrig dosierten ASS-Präparaten zur Thrombozytenaggregation ist Aspirin® das teuerste. Da die Kosten der ärztlich verordneten Arzneimittel beträchtlichen Preisregulierungen unterliegen und Thrombozytenaggregationshemmer meist vom Arzt oder von der Ärztin verordnet werden, sind hier die Preisunterschiede allerdings relativ gering.

PDF-Download

– Gute Pillen – Schlechte Pillen 04/2013 / S.08