Werbung ohne Namen
Wie schafft es eine Anzeige, für ein Produkt zu werben, ohne dessen Namen zu erwähnen? Sie wirbt für eine Krankheit! In der Fachsprache heißt der Trick „Disease Awareness“ (auf-eine-Krankheit-aufmerksam-machen). Diese Methode wird gerne bei rezeptpflichtigen Medikamenten genutzt, denn für die darf laut Gesetz in der Öffentlichkeit nicht geworben werden. Die Anzeige des Pharmaunternehmens Lilly macht auf Erektionsstörungen und Vergrößerung der Prostata aufmerksam. Für beide Probleme hat Lilly das verschreibungspflichtige Tadalafil (Cialis®) im Angebot.
- Anzeige: Kaum erkennbar, dass es sich um Werbung handelt.
- Internet als Infoquelle? Die Anzeige soll nur „anfüttern“, im Internet kann der Arzneimittelhersteller weiter ausholen.
- Mehr als die Hälfte der Männer über 40 sollen Erektionsstörungen haben? Das ist eine Übertreibung.
- Vorher und nachher: Die Anzeige macht Hoffnung: Erst war die Situation „für uns unerträglich“, nach dem Arztbesuch kann ein lächelndes Paar auf Reisen gehen.
- Erfunden? Ob es Klaus und Maria wirklich gibt, die hier über die erfolgreiche Behandlung von Klaus‘ Männerproblemen berichten?
Tadalafil (Cialis®) ähnelt Sildenafi l (Viagra®). Es kann bei Erektionsstörungen helfen. Von den Risiken wie Blutdruckabfall bis hin zu lebensbedrohlichen Komplikationen1 steht in der Anzeige nichts. Die erwünschte Wirkung von Tadalafil hält 36 Stunden an – ein Nachteil angesichts möglicher Schäden.4 Als Medikament gegen Erektionsstörungen ist deshalb Sildenafil vorzuziehen. Bei bestimmten Prostataproblemen (BPS, BPH)2 wirkt Tadalafil nur wenig besser als ein Placebo.3 Die Risiken bei Patienten über 65 Jahre und der Langzeitnutzen sind nicht hinreichend untersucht. Wie bei Erektionsstörungen sehen wir keinen Vorteil von Tadalafil. Standardbehandlung bei BPS ist Tamsulosin (GPSP 6/2014, S. 19-21). Diese Werbung ist kein Einzelfall. Eine Überprüfung von 16 Disease-Awareness-Kampagnen in den Niederlanden ergab, dass 15 gegen die dortigen Richtlinien verstießen.4 12 informierten unausgewogen und 5 sogar irreführend. Solche Werbekampagnen lösen vermutlich ärztliche Verordnungen aus, sogar wenn das Medikament nicht nötig wäre.5
Stand: 3. Januar 2015 – Gute Pillen – Schlechte Pillen 01/2015 / S.28