Hormontherapie – Im Aufwind?
Dass viele Frauen in den Wechseljahren Beschwerden haben, ist keine Frage. Und diese sind individuell sehr unterschiedlich. Lange haben insbesondere Gynäkologen erzählt, dass Hormonpillen die Wechseljahre nicht nur einfacher machen, sondern sogar das Leben verlängern, weil sie etwa vor Herzinfarkt, Darmkrebs und Depressionen schützen – jedenfalls wenn die Pillen längerfristig eingenommen werden. Doch das Gegenteil erwies sich dann in großen Studien als richtig: Der Schaden ist – etwa durch mehr Brustkrebs – höher als der Nutzen. Daraufhin wollten sehr viele Frauen keine Sexualhormone mehr.
Und nun das: Einzelne Wissenschaftler und auch die Fachgesellschaft der deutschen Gynäkologen (DGGG) und ihr Berufsverband möchten offensichtlich das Image der Hormontherapie aufpolieren und behaupten, dass es nur darauf ankomme, früh genug mit der Einnahme von Sexualhormonen zu beginnen.8 Das soll die (bei Frauen im Alter erhöhte) Herzinfarktrate senken – so die neue „Timing-Hypothese“. Durch zuverlässige Studien ist das aber nicht belegt.
Außerdem haben sich all die anderen – auch in den Medien verbreiteten – Nutzenbehauptungen in Sachen Prävention über die Jahre nicht bewahrheitet: Herz-Kreislauf-Ereignisse, Demenz, Gebärmutter- und Darmkrebs, Oberschenkelhalsbrüche nehmen nicht ab.9 Dass ein kurzfristiger Hormongebrauch bei stärkeren Wechseljahrbeschwerden hilfreich sein kann, ist hingegen unbestritten. Doch hier muss jede Frau für sich entscheiden – unter Berücksichtigung anderer Optionen10 (siehe auch Buchtipp auf S. 16). Eine langfristige Hormontherapie gilt jedenfalls nach wie vor als riskant – zudem verschiebt sie den natürlichen körperlichen Umstellungsprozess nur in ein höheres Lebensalter.
Stand: 7. September 2016 – Gute Pillen – Schlechte Pillen 05/2016 / S.15