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© ananaline/iStock

Blutdrucksenker: Folgen des „Weißkittel-Effekts“

Dass der Blutdruck bei Stress steigt, ist kein Geheimnis. Schon beim Besuch einer Arztpraxis, und wenn dann die Ärztin, der Arzt oder eine Angestellte den Blutdruck misst, schnellt er bei vielen Menschen in die Höhe. Da der weiße Kittel die Berufskleidung von Medizinern ist, wurde das Phänomen „Weißkittel-Effekt“ getauft. Im Alltag begegnen Ärzte den verfälschten Messwerten damit, dass sie den Blutdruck während eines Termins mehrfach messen (lassen): Die anfängliche Aufregung legt sich meist mit der Zeit, der eigentliche Blutdruck wird erfasst. Ist er dann definitiv zu hoch, kann er mit einer Umstellung der Lebensgewohnheiten oder einem blutdrucksenkenden Mittel behandelt werden.

Zu tief darf der Blutdruck jedoch nicht sinken, denn dann droht unter anderem Schwindel bis hin zur Ohnmacht, nicht selten mit Stürzen und Verletzungen. Durch höher dosierte Blutdrucksenker können sich zudem Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten verstärken. Schon länger ist bekannt, dass Patienten und Patientinnen, die zum Beispiel wegen einer Lungenentzündung im Krankenhaus lagen, mit einem höher dosierten Blutdrucksenker und/oder einem zusätzlichen Präparat nach Hause entlassen werden. Und es könnte passieren, dass ihr Blutdruck dadurch – wenn sie wieder zu Hause sind – zu stark sinkt. Denn gerade in einer Klinik ist der Stress für Kranke oft groß – und der Weißkittel-Effekt eben auch.

Eine Studie mit 15.000 Krankenhauspatienten hat nun untersucht, wie oft sie mit Rezepten für einen höher dosierten beziehungsweise einen zusätzlichen Blutdrucksenker entlassen wurden. Kurz gesagt: Jeder siebte in der Gruppe, deren Blutdruck durch den Hausarzt eigentlich gut behandelt und richtig eingestellt war.1

Das ist problematisch. „Der Nutzen dieses Vorgehens ist fragwürdig und ist mit relevanten Risiken verbunden“, schreibt daher „DER ARZNEIMITTELBRIEF“. Er empfiehlt, dass Klinikärzte erst nach Rücksprache mit dem Hausarzt über stärkere oder zusätzliche Blutdrucksenker entscheiden sollten.

Natürlich wird während eines stationären Aufenthalts auch einmal eine nicht ausreichende Blutdruckmedikation festgestellt. In der oben genannten Studie ging es um Patienten, bei denen der Blutdruck vor dem stationären Aufenthalt gut eingestellt war.

Fallkontrollstudien
GPSP 2/2019, S. 6

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 03/2019 / S.14