Nicht nur Kuscheln
Mediziner sind erfinderisch. Zum Beispiel treibt sie die Idee um, den Botenstoff Oxytocin bei geringer sozialer Kontaktfähigkeit auszuprobieren, etwa bei Autismus oder Schizophrenie.1,2 Nur zu! Wem Oxytocin rein gar nichts sagt, bei dem fällt sicher der Groschen bei „Kuschelhormon“. Weiß doch jeder, dass es jenes Band zwischen Mutter und Kind stiftet, das man Bindung nennt, und jenes Netz spannt, das Paare so richtig zusammenschnürt – auch dann noch, wenn ihre „Hoch-Zeit“ längst danieder liegt.
Dass man den Stoff synthetisch fabrizieren kann, bringt den Forschergeist so richtig in Fahrt. Ihn interessiert längst nicht mehr, dass Oxytocin die Wehen in Gang bringt und die Muttermilch fließen lässt. Nein, mit dem Kuschelhormon als Nasenspray lässt sich prima das Seelenleben ins Lot bringen. Vor allem die Männer mit ihrem Oxytocindefizit müssen ran: Bewirkt ein bisschen Hormonspray, dass sie weniger risikoreich zocken? Empfinden sie mehr Mitgefühl, wenn sie herzzerreißende Fotos sehen? Die Antwort ist: Ja!
Dass die Männerwelt nicht allmorgendlich zum Oxytocinspray greift, als Therapie gegen Gefühlsarmut, Spekulationen auf Kosten anderer und das ganze Kriegsgetümmel, ist dennoch kein Grund zu verzweifeln. Eine israelische Psychologin der Uni Haifa hat nämlich längst publik gemacht, dass das Kuschelhormon nicht nur sanfte Seiten hat. Eifersucht und Schadenfreude steigert es angeblich auch!3
Stand: 1. August 2011 – Gute Pillen – Schlechte Pillen 04/2011 / S.10