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Vemma und die Energydrinks

Gesundheitsmasche: Geschäfte mit Jugendlichen

Die Firma Vemma vertreibt Energydrinks und andere Produkte nach einem umstrittenen Vertriebssystem, dem Multilevelmarketing. Dieses Werbekonzept spricht viele junge Menschen an. Sie sollen die teuren Produkte in größeren Mengen kaufen und in ihrem Freundeskreis neue Kunden gewinnen – nicht nur finanziell riskant, sondern auch von fraglichem Nutzen für die Gesundheit.

Das Prinzip Multilevelmarketing, von Vemma als Affiliate Marketing bezeichnet, wird von etlichen Anbietern in unterschiedlicher Ausgestaltung genutzt. Tupperware®, Avon Kosmetik oder Gesundheitsprodukte wie Juice Plus – die Vertriebssysteme sind sich immer ähnlich: Man baut sich einen eigenen Kundenstamm im persönlichen Umfeld auf. Die Firma sorgt für eine Art Familiengefühl unter den Verkäufern. Prämien locken zu stärkerem Engagement.

© Thomas Kunz

Vemma: Geschäfte mit Jugendlichen

Der US-amerikanische Anbieter Vemma vertreibt seit 2004 Nahrungsergänzungsmittel. Die Aufmachung der Produkte richtet sich vor allem an Jugendliche und junge Menschen. Das Werbevideo 1 für den Energydrink Verve® erinnert an Werbespots von Red Bull, dem Marktführer bei Energydrinks: Sport, Lebensgefühl, Fun. Ebenfalls im Angebot sind Vemma® Gesundheitsdrinks, Bode® Fitnessdrinks und Thirst® Durstlöscher.

Vemma verspricht potenziellen Verkäufern „Gesundheit, Zeit, Geld, Fähigkeiten“.2 Nach einer gewissen Anlaufzeit könne man angeblich ohne weitere Arbeit ein „passives Einkommen“ erhalten.

Der Einstieg ins Geschäft läuft so: Die ersten Produkte kauft man selbst und verschenkt sie anschließend in der Hoffnung, die Freunde zu einer eigenen Bestellung zu bewegen. 24 Dosen Verve-Energydrink kosten immerhin 72 €. Für 30 Fläschchen Vemma V2 Drink muss man 87 € investieren. 30 Beutel des Durstlöschers Thirst® gibt es für 76 € – und empfohlen werden bis zu 3 Beutel täglich!3 Provisionen von Vemma gibt es erst, wenn man Kunden gewonnen hat, die regelmäßig bestellen. Um mehr zu verdienen, muss man ein Team aus weiteren Verkäufern aufbauen.

Das angeblich locker verdiente Geld scheint aber nicht immer zu fließen. Die Presse berichtet von jungen Menschen, die viel Geld für den Kauf der Produkte aufgewendet haben, ohne anschließend in die erhoffte Gewinnzone gekommen zu sein.4,5 Die Arbeiterkammer Vorarlberg hat aus diesem Grund 2014 vor Vemma gewarnt.6

Ohne erkennbaren Nutzen

Was ist von den Produkten selbst zu halten? Die Produktlinie Vemma bietet Nahrungsergänzungsmittel mit Mineralien und Vitaminen an. Das ist das, was auch in unserer alltäglichen Nahrung steckt. Ob die pflanzlichen Bestandteile Aloe und Mangostan überhaupt eine sinnvolle Ergänzung sind – oder nicht als Nahrung sogar problematisch – ist fraglich.

Die gesundheitsbezogenen Angaben7 zu den Inhaltsstoffen, die der Anbieter auflistet, um für seine Produkte zu werben, sind zwar sachlich richtig. Sie beziehen sich aber eben nur auf die enthaltenen Vitamine und Mineralien im allgemeinen. Die haben bekanntlich alle eine Funktion im Körper. Und wie die Firma Vemma selbst auf ihrer Webseite schreibt: „Nahrungsergänzungsmittel sind kein Ersatz für eine vielseitige und ausgeglichene Ernährung und eine gesunde Lebensweise.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.

Bei einem Preis von 2,90 € pro Flasche Vemma (monatlich ca. 87 €, wenn man dem empfohlenen täglichen Konsum folgt) oder 3 € pro Dose Verve profitiert auf alle Fälle zumindest der Hersteller. Vemma hatte 2014 einen Umsatz von über 200 Millionen US$.8

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 05/2015 / S.06