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© EmiliaU iStock

Einschränkungen für gängige Antibiotika

Vorsicht bei Ciprofloxacin & Co.

Ob Blasenentzündung oder Bronchitis – zu oft landen Antibiotika aus der Gruppe der Fluorchinolone auf dem Rezept. Diese sollen Ärztinnen und Ärzte jetzt deutlich zurückhaltender verordnen: Denn die Wirkstoffe wie Ciprofloxacin oder Ofloxacin bergen einige Risiken.

Hinweise auf erhebliche Nebenwirkungen dieser auch Gyrasehemmer genannten Wirkstoffgruppe gibt es schon seit geraumer Zeit: So berichtete unsere Mutterzeitschrift arznei-telegramm® bereits 1992, dass nach der Einnahme von Antibiotika aus der Gruppe der Fluorchinolone Sehnenrisse auftreten können.1 Bekannt wurde außerdem ein erhöhtes Risiko für Depressionen2 sowie schwerwiegende Schädigungen der Hauptschlagader (Aorta).3 Auch wenn die Verordnungszahlen in den letzten Jahren leicht gesunken sind, gehören die Wirkstoffe aus dieser Gruppe immer noch zu den am vierthäufigsten verordneten Antibiotika.4

Nachdem sich die Nebenwirkungsmeldungen häuften, startete schließlich im Februar 2017 EU-weit ein Risikoverfahren, das schwerwiegende unerwünschten Wirkungen an Sehnen, Muskeln, Gelenken und Nervensystem überprüfen sollte. In einem weiteren Verfahren wurden die Schädigungen an der Aorta genauer untersucht. Daraus resultierten Ende 2018 Warnhinweise und Anwendungsbeschränkungen für Patientinnen und Patienten mit besonderen Risiken.5 Sie stehen künftig in den Fachinformationen für Ärzte und in den Packungsbeilagen der Präparate.6

Anwendung eingeschränkt

Im April 2019 wurden noch strengere Auflagen verfügt.7 Künftig müssen Fachinformatio­nen und Packungsbeilagen für Fluorchinolon-Präparate darüber informieren, dass diese bei leichten und mittelschweren Infektionen nicht eingesetzt werden dürfen, wenn andere Anti­biotika möglich sind. Um Reise­durchfall vorzubeugen oder wiederkehrende Blasenentzündungen zu verhindern, kommen die Mittel ebenfalls nicht mehr in Frage. Diese Einschränkungen gelten für Fluorchinolon-Präparate in Form von Tabletten, Infusionen oder Inhalationen. Gegen Infektionen an Augen oder Ohren sind Fluorchinolone auch als Tropfen auf dem Markt. Dabei sind keine entsprechenden Risiken aufgefallen, deshalb greifen die neuen Regelungen hier vorerst nicht. Die Mittel werden jedoch genauso wie Tabletten und andere Darreichungsformen weiter überwacht.

Aufschlussreicher Einblick

Ärzte und andere Heilberufe wurden über diese Maßnahmen in einem Rote-Hand-Brief informiert. Der verrät indirekt, wie unsinnig und viel zu häufig Antibiotika verordnet werden. Aufgelistet ist zum Beispiel, in welchen Fällen Fluorchinolone nicht mehr eingesetzt werden dürfen: gegen Erkrankungen durch Bakterien, die in der Regel von selbst wieder ausheilen, etwa eine Rachen- oder Mandelentzündung oder akute Bronchitis sowie bei nicht-bakteriellen Infektionen. Genau genommen sollten Ärzte in diesen Situationen nicht nur auf Fluorchinolone, sondern generell auf Antibiotika verzichten – darüber schweigt sich der Rote-Hand-Brief jedoch aus.

Was tun?

Was können Sie als Patientin oder Patient tun? Fragen Sie bei einer Antibiotika-Verordnung nach, ob das Mittel tatsächlich nötig ist und welchen Wirkstoff Ihre Ärztin oder Ihr Arzt auf das Rezept schreiben will.

Fluorchinolone erkennen Sie an der Endung -floxacin (Ciprofloxacin, Levofloxacin oder Moxifloxacin). Erkundigen Sie sich, ob in Ihrem Fall nicht ein anderes Antibiotikum mit weniger Risiken ebenso nützlich ist. Das gilt besonders, wenn Sie über 60 Jahre alt sind, mit Cortison-Präparaten behandelt werden (etwa Hydrocortison oder Prednisolon), Ihre Nierenfunktion eingeschränkt ist oder Sie ein Organ transplantiert bekommen haben. Denn diese Umstände erhöhen das Risiko für unerwünschte Wirkungen.6

Wenn es keine Alternative zu einem Fluorchinolon gibt, soll­ten Sie während und auch einige Zeit nach der Einnahme besonders auf mögliche Anzeichen von unerwünschten Wirkungen achten. Wichtig zu wissen: Schäden an den Sehnen können sich sogar noch Monate nach dem Ende der Behandlung zeigen.

Wissen über Nebenwirkungen
GPSP 5/2016, S. 19

Wann ein Antibiotikum?
GPSP 6/2018, S. 16

PDF-Download

– Gute Pillen – Schlechte Pillen 04/2019 / S.10