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Asiatische Heilkunde

Yoga und Akupunktur, die traditionelle chinesische Medizin und das indische Ayurveda wecken die Neugier von immer mehr Menschen, zumal wenn die naturwissenschaftliche Medizin ihnen keine Hilfe bietet. Ein Buch der Stiftung Warentest erläutert, in welchem Kontext die Verfahren und Produkte der asiatischen Heilkunde entstanden sind. Als Ratgeber taugt das Buch aber nicht, da die Bewertungen seiner beiden Autoren wie Fremdkörper nebeneinander stehen.

Am Beispiel von China, Indien, Japan und Tibet beschreibt einer der beiden Autoren, wie sich die jeweiligen medizinischen Traditionen entwickelt haben und wie sie praktiziert werden. Die verschiedenen Heilverfahren sind meist durch Erfahrung und Traditionen geprägt, wobei die dazu gehörigen theoretischen Erklärungsmodelle oft widersprüchlich sind und im Streit miteinander liegen. Ausführlich schildert der Autor, mit welchen Denksystemen und religiösen Anschauungen die asiatische Heilkunde verflochten ist und wie etwa in China weltliche Machthaber per Befehl festgelegt haben, welche Behandlung „richtig“ ist und welche nicht.

Das Buch bietet einen guten Überblick und räumt mit so manchen Klischees auf: Übungen zur Körperstärkung, die bei uns als die „5 Tibeter“ gelehrt werden, sind in Tibet selbst unbekannt. Und die Vorstellung, in der asiatischen Medizin würde Patienten wesentlich mehr Zeit gewidmet, ist oft eher Wunschdenken als Wirklichkeit. Vereinzelt werden auch Praktiken der asiatischen Medizin kritisiert, etwa die Gallensaftgewinnung bei Bären.

Zu einer Bewertung der asiatischen Heilkunde nach modernen wissenschaftlichen Standards sind zwei Aspekte wichtig: Wirksamkeit und Sicherheit. Um beides geht es in einem Extrakapitel auf den letzten 30 Seiten. Zurecht weist dessen Autor darauf hin, dass psychologische Faktoren bei der asiatischen Heilkunde zwar eine große Rolle spielen, ihre Wirksamkeit aber bisher nicht überprüft ist. Gemessen an den Standards der evidenzbasierten Medizin (GPSP 3/2011, S. 12) sind die Versprechungen der Heilkunde aus Fernost insgesamt schlecht untersucht. Das führt dazu, dass den Therapien meist nur ein „wenig geeignet“ oder „nicht geeignet“ bescheinigt werden kann.

Wichtig für Anhänger der asiatischen Medizin sind die Abschnitte, die sich den Problemen und Gefahren widmen: Rasashastra-Präparate enthalten ähnlich der mittelalterlichen Alchemie hauptsächlich Schwermetalle (siehe GPSP 5/2008 S. 8). Produkte der traditionellen chinesischen Medizin sind zum Teil mit Schwermetallen und Pestiziden belastet. Sogar Panschen mit (verschreibungspflichtigen) industriell hergestellten pharmazeutischen Wirkstoffen kommt vor. Vor dem Bezug asiatischer Heilmittel über Internetquellen hat GPSP deshalb schon häufig gewarnt.

Das Buch ist informativ, hat aber für Kranke, die gezielt auf der Suche nach einer Behandlung sind, nur beschränkt praktische Bedeutung. Es entsteht der Eindruck, dass sich die beiden Autoren nicht „grün“ waren und die Stiftung Warentest ein zwiespältiges Buch herausgegeben hat. Die beiden Aspekte – die Vermittlung von Hintergrundwissen zur asiatischen Heilkunde und ihre gesundheitsrelevante Bewertung – wollen nicht zusammen passen. Das lässt den Leser zwar klüger, aber ratlos zurück.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 04/2011 / S.11