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Wick MediNait® Erkältungssirup für nachts

Per Schrotschuss in den Schlaf?

Wick MediNait® ist seit langem ein Hit unter den Erkältungsmedikamenten. 2,7 Millionen Fläschchen des rezeptfreien Mittels wurden 2007 in deutschen Apotheken verkauft. Die Werbung verspricht Linderung von Beschwerden wie Schnupfen, Husten, Kopf- und Gliederschmerzen. Aber dass der Saft nicht harmlos ist, verraten seine Bestandteile.

Wick MediNait® ist eine Kombination aus vier Wirkstoffen. Solche Produkte bezeichnen wir als „Schrotschusskombination“. Einer der Bestandteile wird schon ein Symp­tom „treffen“, so die Hoffnung. Je mehr verschiedene Wirkstoffe man einnimmt, um so wahrscheinlicher werden aber unerwünschte Wirkungen.

Die empfohlene abendliche Dosis von 30 ml enthält 600 mg Paraceta­mol. Dieses wirkt schmerzlindernd und fiebersenkend. Es ist meist gut verträglich, jedoch können Überdosierungen die Leber schädigen (GPSP 1/2008, S. 3). Das kann versehentlich geschehen, wenn zusätzlich weitere Paracetamol-haltige Präparate genommen werden.

Der zweite Wirkstoff ist Ephedrin. Es ist dem körpereigenen Adrenalin ähnlich und verengt unter anderem die Blutgefäße. Hierdurch schwillt die Nasenschleimhaut etwas ab. Das soll die verstopfte Nase befreien. Allerdings kann die Verengung von Blutgefäßen den Blutdruck erhöhen.Wer zu hohen Blutdruck hat, darf Wick MediNai daher nicht einnehmen.

Als Hustenstiller ist zudem Dextro­metorphan enthalten. Es ist chemisch mit Morphin verwandt und soll im Gehirn den Hustenreiz unterdrücken. Glaubwürdige Beweise einer solchen Wirksamkeit fehlen allerdings. Dextrometorphan wird über ein Enzymsystem in der Leber abgebaut. Aufgrund von genetischen Unterschieden arbeitet dieses Enzymsystem bei jedem zehnten bis zwanzigsten Menschen besonders langsam. Daher kann bei gleicher Dosis von Dextrometorphan die Konzentration im Blut individuell sehr unterschiedlich sein. Verstärkte Nebenwirkungen bis hin zu Vergiftungserscheinungen sind daher möglich. Häufiger ist mit Magen-Darm-Störungen sowie Übelkeit und Brechreiz zu rechnen.

Der vierte Wirkstoff in Wick MediNait® ist Doxylamin. Es soll angeblich das Nasenlaufen und den Niesreiz mindern. Doxylamin ist ein Gegenspieler des Histamins, das bei allergischen Reaktionen eine wichtige Rolle spielt. Zur Behandlung von Allergien wird Doxylamin wegen einer lästigen Nebenwirkung allerdings kaum noch angewendet: Es macht müde. Daher dient es heute meist als rezeptfreies Schlafmittel (GPSP 5/2008, S. 3). Im Fall von Wick MediNait® ist gerade diese „Neben“-Wirkung aber erwünscht: Die Werbung verspricht, dass „die Nachtruhe ermöglicht wird, die Ihr erkrankter Körper braucht“. Antihistaminika wie Doxylamin können aber auch einen Glaukomanfall und bei Männern Schwierigkeiten beim Wasserlassen verursachen.

Erwähnenswert ist außerdem, dass Wick MediNait® 18 Vol.-% Alkohol enthält. Das entspricht ungefähr einem halben kleinen Glas Wein (0,05 l).

Lästige Erkältungsbeschwerden sollten Sie lieber gezielt durch Einstoffpräparate dämpfen: Etwa Fieber und Gliederschmerzen mit Schmerztabletten, die nur Acetylsalicylsäure oder Paracetamol enthalten (GPSP 1/2008, S. 3). Bei verstopfter Nase helfen – auf wenige Tage begrenzt – abschwellende Nasentropfen. Die Wirkung ist zuverlässiger und zum Teil schneller als beim Schlucken von Wirkstoffkombinationen: Abschwellende Nasentropfen wirken bereits nach ein bis zwei Minuten (GPSP 6/2007; S. 13). Ist die Nase frei, kann man auch besser schlafen.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 06/2008 / S.10