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Aus alt mach jung

Man stelle sich das mal vor: Da wird ein junger Spund chirurgisch gekonnt an einen flotten Senior genäht, der das Altern fürchtet. Zum Zwecke der Verjüngung. Über einen Hautlappen werden die beiden liiert und marschieren dann gemeinsam durch die Welt, bis sich zeigt, dass die Zellen des Seniors ein wenig aufgefrischt sind. Eine Horrorgeschichte?

Nein, eine prima Idee, denn bei Mäusen hat man so was gemacht und verjüngende Effekte beschrieben.1 Das etwas eklige Zusammennähen von Alt und Jung hat allerdings einen Haken: Wenn die Blutgefäße der Mäuse zusammenwachsen, verjüngt sich bei dem betagten Tierchen zwar manch eine Zelle. Aber bei dem jüngeren altern sie.

Zum Glück entsteht im Silicon Valley immer wieder zuverlässig Großartiges, auch ganz ohne Nähkünste: Wem vor dem Greisenalter graust und 8.000 US$ parat hat, der kann sich eine Portion Blutplasma in die Venen pumpen lassen. Die eineinhalb Liter stammen von jungen Männern, garantiert unter 25 Jahren. Diese grandiose Idee hatte der Arzt Jesse Karmazin, der damit einfach mal loslegte, als manches darauf hindeutete, dass solche Plasmatransfusionen ältere Zellen munter machen könnten.

Dass es bisher zu Nutzen und Schaden keine Studien gibt, bremst den Freigeist nicht aus: Er macht diese selbst und lässt sie sich von den Verjüngungswilligen via Teilnahmegebühr bezahlen. Wie praktisch! Und clever ist der kalifornische Jungunternehmer auch: Er hat es tatsächlich geschafft, diese „Studie“ in der staatlichen US-Datenbank registrieren zu lassen. Humor hat Herr Karmazin ebenfalls: Seine Firma taufte er „Ambrosia“, in Anlehnung an die Speise der griechischen Götter, die unsterblich macht. Dumm nur, dass eine Placebo-Gruppe in seiner Selbstzahler-Studie fehlt. (Dafür mag wohl keiner blechen, dass er unter Umständen nichts von dem jungen Blut abkriegt.)

Wie auch immer. Plasmatransfusionen sind jedenfalls nicht verboten! Dass also keiner den Miesmacher gibt und mit dem Zeigefinger herumfuchtelt, nur weil derzeit noch in den Sternen steht, ob und welche Verjüngungseffekte demnächst vom Himmel fallen.

Jedenfalls handelt der Ambrosia-Chef auf seine Weise konsequent nach der Devise „Studieren geht über Probieren“. Und wer zahlen kann, der ist dabei! Den Milliardär und PayPal-Mitbegründer Peter Thiel, den hat Karmazin schon auf seiner Seite. Kein Wunder: Der IT-Titan möchte ja auch 120 Jahre alt werden.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 06/2016 / S.18