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©Jörg Schaaber

Schädigt Umckaloabo® die Leber?

Fehlinformationen des Anbieters

Ob das pflanzliche Präparat Umckaloabo® wirklich gegen Bronchitis wirkt, steht infrage.1 Die Unschädlichkeit für die Leber auch. Auf Angaben des Herstellers ist kein Verlass.

In Deutschland erfreut sich das Pflanzenpräparat Umckaloabo® der Firma Spitzner vor allem in der kalten Jahreszeit enormer Beliebtheit. 2010 wurden in deutschen Apotheken 3,5 Millionen Packungen verkauft. Das Mittel wird aus der Wurzel einer südafrikanischen Pelargonie herstellt und ist zur Behandlung der akuten Bronchitis zugelassen – für Erwachsene und für Kinder ab einem Jahr. Ursprünglich ein traditionelles Heilmittel der Zulus, kam Pelargoniumextrakt um 1900 auch nach Europa. Kritische Analysen der wenigen vorliegenden Studien kamen bereits vor Jahren zu einer allenfalls zurückhaltend positiven Bewertung einzelner Effekte2 beziehungsweise zu einer negativen Schlussfolgerung: „Ein Nutzenbeleg steht aus“.3 Auch die europäische Zulassungsbehörde EMA hat in diesem Jahr bekannt gegeben, dass die Wirksamkeit von Pelargoniumextrakt bei Bronchitis und anderen Atemwegserkrankungen nicht angemessen belegt ist.4

Angesichts des fraglichen Nutzens gewinnen die zunehmend beschriebenen unerwünschten Wirkungen des jahrelang als nebenwirkungsfrei gelobten Mittels an Gewicht: Hautausschlag und zum Teil bedrohliche Überempfindlichkeitsreaktionen sowie ernsthafte Schäden an der Leber wie akute Leberentzündung (Hepatitis) sind dokumentiert. Nachdem das arznei-telegramm (a-t) bereits vor fünf Jahren erstmals über den Verdacht der Leberschädlichkeit berichtet hat,5 sind inzwischen weitere Komplikationen beschrieben – von der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und vom a-t.6,7

Die Firma Spitzner, der Anbieter von Umckaloabo®, versucht die Bedenken herunterzuspielen. Auf der Basis der firmeneigenen Erfassung unerwünschter Wirkungen errechnet sie unter dem verharmlosenden Begriff „Leberaffektionen“ ein Ereignis pro 7,3 Millionen Anwender. Das klingt exakt, extrem selten und wenig bedrohlich. Solche Hochrechnungen zufällig erfasster Nebenwirkungsberichte sind jedoch irreführend und daher unzulässig. Aus den Angaben von Spitzner lässt sich ermitteln, dass die Firma von weltweit lediglich sieben Patienten ausgeht, deren Leber durch Umckaloabo® geschädigt wurde. Allein die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft überblickt in Deutschland jedoch inzwischen 19 Verdachtsberichte zur Beeinträchtigung der Leber, darunter 10 zu Leberentzündung.5 Zudem ist mit einer hohen Dunkelziffer solcher Schadwirkungen zu rechnen. Beispielsweise wird bei einem Leberschaden häufig nicht an das rezeptfreie Umckaloabo® als möglicher Auslöser gedacht, oder der Verdacht wird nicht gemeldet und taucht daher in den Statistiken nicht auf.

Insgesamt dürfte es sich um eher seltene Schädigungen handeln, die aber auf dem Hintergrund der umstrittenen Wirksamkeit und der Beliebtheit von Umckaloabo® ernst zu nehmen sind. Auch pflanzliche Präparate sind keinesfalls immer harmlos. Bei jeglichem Verdacht auf eine unerwünschte Arzneimittelwirkung sollten Sie Ihren Arzt oder Apotheker informieren, damit diese einen Verdachtsbericht verfassen und weiterleiten können. Dies hilft, die Risiken rezeptfreier Mittel für die Selbstmedikation besser abzuschätzen.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 05/2011 / S.10