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House of Pharma: Die neue „Häuslichkeit“ der Universitäten

Wenn Pharmaunternehmen in Universitäten einziehen, ist Skepsis geboten. So möchte zum Beispiel die hessische Landesregierung mit dem neuen Institut „House of Pharma“ öffentliche und kommerzielle Forschung verknüpfen. Doch wer wird dann dort in wessen Interesse arbeiten?

Das „House of Pharma“ soll neue Arzneimittel entwickeln. Dazu tun sich mehrere hessische Universitäten mit Pharmaunternehmen zusammen. Das Institut wird der Universität Frankfurt angegliedert sein. Die Landesregierung stellt für die Planung 280.000 € zur Verfügung, um einen „bedeutenden Pharmastandort“ in Hessen zu entwickeln. Das hält der schwarz-grüne Koalitionsvertrag von 2013 fest.1

©Thomas Kunz

Wenn Geld bereitgestellt wird, ist die Freude zuerst meist groß. Doch was bedeutet ein „House of Pharma“ für die Forschung an einer Universität? Wird sie dadurch besser? Oder gerät sie unter die Räder von finanzkräftigen Interessengruppen?

Deutsche Universitäten werden grundsätzlich von ihren Bundesländern finanziert. Doch seit Jahren steigt der Anteil von Finanzmitteln außenstehender Geldgeber („Drittmittel“), da die öffentliche Hand sich zunehmend der finanziellen Verantwortung entzieht. Das Verhältnis zwischen Drittmitteln und öffentlichen Grundmitteln für den Hochschulbetrieb betrug 1995 noch 1:7, 2011 lag es nur noch bei 1:3! Heikel werden Drittmittel dann, wenn Geldgeber die wissenschaftliche Arbeit in ihrem Interesse beeinflussen.

Wer sich beim „House of Pharma“ als Arzneimittelhersteller beteiligt, möchte später mit den entwickelten Produkten möglichst gute Gewinne machen. Das hat Folgen. Erstens: Die Forscherinnen und Forscher der öffentlichen (und eigentlich unabhängigen) Universität geraten in Abhängigkeit der kommerziellen Geldgeber. Zweitens: Diese Abhängigkeit kann sich auf die medizinische Behandlung von Menschen negativ auswirken.

So ist die häufig niedrige Qualität klinischer Studien bei der Zulassung neuer Arzneimittel bereits seit langem besorgniserregend. Ein „universitärer Schleier“ wäre den pharmazeutischen Unternehmen willkommen, um solche Mängel zu verdecken. Und vermutlich werden bei der Forschung im „House of Pharma“ kaum Ergebnisse herauskommen, die für beteiligte Pharmaunternehmen ungünstig sind. Schon seit langem ist bekannt, dass positive Studienergebnisse viel häufiger veröffentlicht werden als negative („Publikationsbias“, GPSP 1/2010, S. 12), und dass gerade Pharmaunternehmen Unliebsames gerne unter Verschluss halten.

Der Blick in ein Tagungsprogramm des „House of Pharma“ von 2013 lässt erahnen, in welche Richtung die Reise geht.2 Der Geschäftsführer des gro¬ßen Arzneimittelherstellers Lilly erläutert, „Was Pharmaunternehmen von Politikern erwarten“. Ein Workshop „Produktneutrale Fortbildung für Ärzte“ wird ausgerechnet vom Hersteller Pfizer ausgerichtet, und ein Geschäftsführer des Industrieverbands VFA (Verband forschender Arzneimittelhersteller) erläutert die gesetzliche Regelung einer Nutzenbewertung von Arzneimitteln – die sich bei Unternehmen keiner Beliebtheit erfreut (GPSP 6/2013, S. 10).

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 03/2014 / S.11