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© una.knipsolina/ photocase.de

Pfeiffersches Drüsenfieber

Die Kusskrankheit

Wer kennt das nicht: Die Glieder tun weh, der Rachen ist entzündet, und zu allem Übel kommen auch noch Fieber, geschwollene Lymphknoten und womöglich Schmerzen im Hals- und Nackenbereich dazu. Ein klarer Fall von grippalem Infekt oder Mandelentzündung? Nicht unbedingt.

Vor allem bei älteren Kindern und jungen Erwachsenen steckt hinter den Beschwerden oft etwas anderes: das Pfeiffersche Drüsenfieber, eine Virusinfektion, die meist harmlos verläuft, zum Teil aber kräftezehrend und in einigen Fällen langwierig ist.

Ursache der Erkrankung ist eine Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus. Der Erreger, der durch Speichel übertragen wird, befällt bestimmte Zellen der körpereigenen Krankheitsabwehr, die sogenannten B-Lymphozyten. Typische Merkmale sind Fieber und geschwollene Mandeln mit weißen Belägen. Normalerweise verschwinden die Beschwerden nach zwei bis drei Wochen. Manchmal kann es aber Monate dauern, bis der Körper sich komplett erholt hat. Für Kinder, die an Pfeifferschem Drüsenfieber erkranken, kann das hin und wieder zu wochenlangem Schulausfall führen.

Für Wochen geschwächt

Fast jeder Erwachsene macht die Infektion bis zum 30sten Lebensjahr durch. Doch bei Weitem nicht jeder wird davon krank. Manche Menschen stecken sich schon als Kinder mit dem Virus an – oft ohne dass sich Symptome zeigen.

Anders bei Jugendlichen oder jungen Erwachsenen: Wer erst als Azubi oder Student mit dem Erreger in Kontakt kommt, entwickelt unter Umständen unangenehme Krankheitssymptome; und es kann Wochen dauern, bis die Infektion komplett überwunden ist. Nicht nur Steffi Graf hat die Infektion mal für Wochen vom Tennisplatz gefegt, auch die grandiose Beachvolleyballerin Kira Walkenhorst wurde vom Pfeifferschen Drüsenfieber schon kräftig ausgebremst.

Wenn eine Halsentzündung mit erheblichen und schmerzhaften Schwellungen der Lymphknoten am Hals einhergeht, sollte man zum Arzt gehen. Mit einem Bluttest kann der überprüfen, ob das Pfeiffersche Drüsenfieber dahintersteckt. Die Diagnose ist wichtig, um zum Beispiel andere Krankheiten auszuschließen. Unter anderem besteht die Gefahr, dass ein Hautausschlag – ein häufiger Begleiter der Kusskrankheit – als allergische Hautreaktion (Exanthem) fehlgedeutet wird, wenn Arzt oder Ärztin nicht weiß, dass das Pfeiffersche Drüsenfieber vorliegt. Die richtige Diagnose ist schließlich wichtig, weil es – wenn auch sehr selten – zu Komplikationen wie etwa einer Gehirnentzündung, Lebererkrankung oder Nierenentzündung kommen kann. Das erfordert eine Behandlung im Krankenhaus.

Studentenfieber

Ärzten ist schon vor Jahrzehnten aufgefallen, dass das Pfeiffersche Drüsenfieber oft unter jungen Leuten grassiert. Die Erklärung: Am effektivsten wird das Virus von Mund zu Mund übertragen. Sprich: beim Küssen. In den USA und England heißt die Erkrankung deshalb auch „kissing disease“, in Deutschland auch „Kusskrankheit“ oder „Studentenfieber“.

Ihren offiziellen Namen hat die Krankheit von dem deutschen Kinderarzt Emil Pfeiffer (1846–1921). Er hat sie zum ersten Mal beschrieben, lange bevor der englische Virologe Michael Epstein und seine Mitarbeiterin Yvonne Barr 1964 in B-Lymphozyten den Auslöser der Infektion entdeckten: das nach ihnen benannte Epstein-Barr-Virus.

In der Regel erkrankt man – wenn überhaupt – nur einmal im Leben an Pfeifferschem Drüsenfieber. Doch wer sich einmal infiziert hat, trägt das Virus dauerhaft im Körper und kann es ein Leben lang weitergeben. Denn der Erreger bleibt in den betroffenen Immunzellen erhalten. Zwar hält das Immunsystem das Virus in Schach, trotzdem werden in den Lymphozyten der Speicheldrüsen immer wieder einige Viren gebildet und in den Speichel abgegeben.

Küssen verboten?

Würde es also Sinn machen, auf Küssen zu verzichten, um die Infektion zu verhindern? Wohl kaum. Schließlich kann der Erreger auch bei anderen Gelegenheiten von Mensch zu Mensch übertragen werden.

Eine gezielte Therapie gibt es nicht. Einfache Schmerz- und Fiebermittel können jedoch die Beschwerden lindern. Wichtig ist vor allem, wie bei jedem fieberhaften Infekt, viel zu trinken und sich körperlich zu schonen und auszuruhen.

Antibiotika sind weder notwendig noch sinnvoll. Sie helfen nur, wenn es zusätzlich zu einem bakteriellen Infekt kommt. Auch dann ist allerdings Vorsicht geboten. Bestimmte Antibiotika wie Amoxicillin können speziell beim Pfeifferschem Drüsenfieber schwere Hautausschläge hervorrufen.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 06/2017 / S.25