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Schwanger – Bakterien-Screening?

In Deutschland sehen die Mutterschafts-Richtlinien vor, dass bei Schwangeren regelmäßig geprüft wird, ob im Urin zu viele Bakterien unterwegs sind. Dieses Screening soll festellen, ob eine schwangere Frau, die (noch) nicht unter den typischen Beschwerden einer Blasenentzündung leidet, doch gefährlich viele Bakterien im Urin hat. Denn das könnte nicht nur zu einer Blasenentzündung, sondern auch zu einer Nierenbeckenentzündung (Pyelonephritis) führen, so die Bedenken. Außerdem wird vermutet, dass eine starke Bakterienbesiedlung (Bakteriurie) eine Frühgeburt begünstigen kann.

Was in vielen Ländern Routine ist, ist aber leider nicht gut untersucht. Darauf machte das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) aufmerksam.3 Die Studien zu Nierenbeckenentzündung und Frühgeburt seien viel zu alt und der Nutzen einer Antibiotikabehandlung in dieser Situation nicht gesichert. Der Grund: Diese Studien fanden in Zeiten  einer heute überholten medizinischen Versorgung statt. Der angenommene Nutzen des Screenings – und der daraus resultierenden Behandlung – ist daher fraglich, zumal früher außer Acht gelassen wurde, dass Antibiotika Schäden anrichten können.

Das bestätigt auch eine aktuelle Studie aus den Niederlanden, der zufolge es hinsichtlich Nierenbeckenentzündung und Frühgeburt keinen Unterschied macht, ob Frauen mit einem positiven Testergebnis ein Antibiotikum (Nitrofurantoin) gegen die Bakterien einnehmen oder nicht.4

Also: Der Nutzen und Schaden des Bakteriurie-Screenings sollten angesichts veränderter hygienischer Standards und moderner Schwangerenvorsorge gezielt untersucht und überdacht werden. Denn antibiotische Therapien, die durch überflüssige Screenings ausgelöst werden, können Antibiotikaresistenzen fördern.(GPSP 1/2016, S. 23)

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 02/2016 / S.14